Prozess

Gil Ofarim gesteht vor Gericht

Der Sänger legte überraschend ein Geständnis ab

 28.11.2023 15:21 Uhr Aktualisiert

Gil Ofarim beim letzten Prozesstag am 28. November Foto: picture alliance/dpa

Der Sänger legte überraschend ein Geständnis ab

 28.11.2023 15:21 Uhr Aktualisiert

Gil Ofarim hat den Antisemitismus-Skandal um seine Davidstern-Kette im Leipziger Westin Hotel erfunden. »Die Vorwürfe treffen zu«, gestand der Musiker heute überraschend vor Gericht.

Das Verfahren gegen Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung ist damit eingestellt worden. Der 41-Jährige muss einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro zahlen, sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter am Landgericht Leipzig. »Die Beweislage war schwierig«, teilte Strafverteidiger Alexander Stevens nach dem Prozess mit.

Die 10.000 Euro sollen offenbar der Jüdischen Gemeinde zu Leipzig und dem Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz zukommen.

Ofarim hatte im Oktober 2021 ein Video vor dem Eingang des Westins auf Instagram veröffentlicht. Darin behauptete er den Tränen nahe, er sei an der Rezeption vom Hotelmanager Markus W. abgewiesen worden, weil er eine Kette mit Davidstern getragen habe. Der Manager würde ihn erst einchecken lassen, wenn er die Kette wegstecke, log Ofarim in dem Video.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelte erst gegen Markus W., kam aber dann zu der Einschätzung das sich der Vorfall nicht so zugetragen. Das Verfahren gegen den Hotelmanager wurde eingestellt, kurz darauf eines gegen Ofarim eröffnet.

Ofarim entschuldigt sich bei Hotelmanager Markus W.

Markus W. hatte zu Prozessbeginn geschildert, wie der Antisemitismus-Vorwurf gegen ihn sein Leben verändert habe. Bereits am 5. Oktober habe er eine Morddrohung über seine Geschäftsmail erhalten. Er hätte sich kaum auf die Arbeit konzentrieren können, sei schließlich nach Hause gefahren, und wenig später an einen »sicheren Ort« gebracht worden, erzählt er.

Das Hotel habe einen schwarzen Van organisiert, der ihn und seine Partnerin abgeholt habe. Bevor er einstieg, habe W. noch seinen Namen von der Klingel abgerissen. Lange habe er im Westin ohne Namensschild gearbeitet, bevor er das Hotel wechselte. Er werde nervös, wenn es um das Thema gehe. Manchmal könne er nicht schlafen.

Zu dem Hotelmanager, der als Nebenkläger auftritt, sagte der Musiker am Dienstag: «Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid.» Das Video habe er gelöscht. Markus W. nahm Ofarims Entschuldigung an.

Zentralrat kommentiert Fall

Kurz nach der Entschuldigung äußerte sich der Zentralrat der Juden zu dem Fall. »Zwei Jahre lang hat Gil Ofarim Mitarbeiter eines Leipziger Hotels des Antisemitismus beschuldigt. Nun hat er gestanden, dass er gelogen hat«, so die jüdische Dachorganisation.

»Damit hat Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt. Neben der Öffentlichkeit hat er auch die jüdische Gemeinschaft belogen«, hieß es in einer Mitteilung des Zentralrats. In der Gesellschaft gebe es ein Antisemitismus-Problem. Viele Juden seien gerade »in der jetzigen aufgeheizten gesellschaftlichen Situation verunsichert« und erlebten Judenhass und Ablehnung.

Es sei richtig, bei einem Antisemitismusvorwurf auf der Seite des Betroffenen zu stehen, ihm beizustehen und die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht in Frage zu stellen. Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert.

»Wir verurteilen das Verhalten von Gil Ofarim. Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen«, erklärte der Zentralrat der Juden.

Hotelmanager äußert sich

Der Hotelmanager ist derweil nach Angaben seines Anwalts froh, dass «die Wahrheit ans Licht gebracht werden konnte.» Details zu der Höhe des Schadensersatzes nannte Rechtsanwalt Daniel Bäumgärtner am Dienstag am Landgericht Leipzig nicht: «Wir sind soweit mit dem Abschluss zufrieden und dabei bleibt es auch», erklärte Baumgartner. «Was Besseres hätte uns nicht passieren können.» ja

Debatte

Schweden stoppt Unterstützung von UNRWA

Hintergrund des Schrittes ist die Entscheidung Israels, der UNRWA wegen ihrer Verwirklichung in den palästinensischen Terror jegliche Tätigkeit auf israelischem Territorium zu untersagen

 20.12.2024

Kunst

Leitung der documenta 16 wird heute bekanntgegeben 

Wer wird die nächste documenta kuratieren? Die Findungskommission der für 2027 geplanten Schau will ihre Entscheidung jetzt bekanntgeben

von Nicole Schippers  17.12.2024

Nach Assad-Sturz

Libanesischer Politiker ruft Landsleute zur Rückkehr auf

Im von zahlreichen Krisen geplagten Libanon herrscht neue Zuversicht. Nach den Worten eines wichtigen Politikers ist die Weihnachtsfreude in diesem Jahr gar »doppelt so groß«

 17.12.2024

Berlin

Chanukka-Basar in der Synagoge Pestalozzistraße: Kuchen, koscherer Glühwein und ein Bühnenprogramm

Am Sonntag findet der Basar im Innenhof der Synagoge statt. Es gibt ein vielfältiges Bühnenprogramm. Auch die »The Swinging Hermlins« werden auftreten

von Christine Schmitt  13.12.2024

Thüringen

Mario Voigt mit Stimmen der Linken zum Ministerpräsident gewählt

Der CDU-Politiker brauchte nur einen Wahlgang

 12.12.2024

Antisemitismus

RIAS: AfD ist eine Gefahr für Juden in Deutschland

Die Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus präsentierte auch neue Zahlen zu antisemitischen Vorfällen

 11.12.2024

Amsterdam

Nach antisemitischer Hetzjagd: Haftstrafen für drei Angeklagte gefordert

Einen Monat nach den Übergriffen stehen nun sieben Menschen vor Gericht

 11.12.2024

Brandenburg

Antisemitismusbeauftragter fordert Priorisierung der Bildungsarbeit

Auch die Sicherheit jüdischer Einrichtungen und Menschen müsse gewährleistet werden, sagte Büttner

 10.12.2024

Berlin

Nach dem Sturz von Assad: Wie geht es nun weiter für die syrischen Flüchtlinge in Deutschland?

von Anne-Béatrice Clasmann  09.12.2024