von Miryam Gümbel
Seit Jahren gehört der Termin zu den festen Daten im Jahresablauf der Israelitischen Kultusgemeinde: die Abschlussfeier für alle, die in Israelitischer Religionslehre ihr Abitur abgelegt haben. Gleichwohl bringt dieser Abend jedesmal neue Überraschungen und löst bei allen Anwesenden Begeisterung und Bewunderung aus. Nicht nur die Eltern können stolz sein auf das, was ihre Kinder erreicht haben. Damit haben sie sich, wie Präsidentin Charlotte Knobloch in ihrer Gratulation sagte, »mit der jüdischen Religion und Tradition intensiv beschäftigt«.
Die Religion helfe dabei, dem Leben Struktur zu geben, unterstrich Moris Lehner von der Kultuskommission. Wie sehr die Abiturienten ihren persönlichen Alltag bereits in ihren Facharbeiten aus religiöser Sicht betrachteten, zeigte sich bei der Kurzvorstellung der jeweiligen Themen.
Acht Absolventen hatten Israelitischer Religionslehre als Leistungskurs und fünf als Grundkurs belegt. Alisa Kellermann war bei ihrer Facharbeit über Jüdisches Leben in der DDR von 1945 bis 1989 vom Thema Wiedergutmachung ausgegangen. Die unterschiedliche Entwicklung der politischen Systeme im Osten und Westen Deutschlands habe die Schoa-Überlebenden ungleich behandelt. Der Frage von Neuanfang nach Kriegsende und Entwicklung widmete sie ein Kapitel. Einem Thema, das heute so aktuell ist wie vor 3000 Jahren, widmete sich Richard Volkmann: dem Bilderverbot. Vor allem im 19. Jahrhundert war dieses immer wieder Stein des Anstoßes. Ilja Udler schrieb über München und die neue Hauptsynagoge als Spiegelbild der jüdischen Gemeinde. Er schlug dabei den Bogen von der Synagoge Reichenbachstraße zu dem neuen Gebäude am Jakobsplatz. Dieses habe viel in München bewegt. Persönliche Motive waren für die Facharbeit von Jonathan Kotra ausschlaggebend. Sein Thema: das Verhältnis der Satmarer Chassidim zum Zionismus. Für den jungen Mann war die Auseinandersetzung mit diesen beiden Ausprägungen jüdischen Lebens auch ein Stück Familiengeschichte der Welt seiner jeweiligen Großeltern. Es zeige sich, wie intensiv sich die Schüler im Fach Israelitische Religionslehre mit hochaktuellen Fragen beschäftigen – bis hin zur heiß diskutierten Gentechnik.
Den Grundkurs hatten Philipp Gabler, Uriel Blumenthal, Dimitri Umanov, Daliah Kovac und Michelle Schilling absolviert. Letztere dankte im Namen aller Abiturienten den Lehrern, die sie vom Kindergarten über die Sinai-Schule und das Gymnasium bis zum Abitur geführt hatten. In jeder Altersstufe hätten sie so die Basis jüdischen Lebens erfahren. Dass damit die Grundlage für das künftige Leben geschaffen wurde, unterstrich mit seinen Glückwünschen auch ihr Abiturlehrer Marcus Schroll, Leiter des jüdischen Erziehungswesens der Israelitischen Kultusgemeinde.
Bei einem kleinen Stehempfang feierten die Anwesenden ihr bestandenes Abitur. Unter den Gästen waren auch Rabbiner Steven Langnas sowie Vertreter der verschiedenen Münchener Gymnasien und des Bayerischen Kultusministeriums. Die Abiturienten erzählten dabei auch von der gemeinsamen Abschlussfahrt nach Berlin, die die Gemeinde seit einigen Jahren sponsert.