New York, Jerusalem, Bangkok, Moskau, Berlin: Seit dem vergangenen Sonntagabend leuchten wieder die großen Channukkiot von Chabad Lubawitsch in den Metropolen dieser Welt. So verschieden die Plätze, an denen sie stehen, so einheitlich ihr Aussehen: mehrere Meter hoch, die acht Aluminium-Arme gerade und im spitzen Winkel vom Mittelteil ausgehend. Damit unterscheiden sie sich von den herkömmlichen Chanukka-Leuchtern. Denn deren Arme sind nicht gerade, sondern gebogen. Vorlage hierfür sind die Abbildungen des siebenarmigen Leuchters aus dem Jerusalemer Tempel, der ein wichtiges religiöses Symbol des Judentums ist und in das Wappen des jüdischen Staates aufgenommen wurde.
Gebogen oder gerade, was ist die historisch richtige Form? Die israelische Tageszeitung Haaretz beschäftigte sich in der vergangenen Woche mit dem Thema und verweist dabei auf Rabbiner Yisrael Ariel vom Jerusalemer Temple Institute. Der Autor des kürzlich veröffentlichten Werkes
A Menorah of Pure Gold unterstützt die Theorie der gebogenen Arme. In seinem Buch präsentiert er Dutzende Leuchter-Darstellungen archäologischer Funde, darunter eine Münze aus der hasmonäischen Zeit und ein Fresko eines jüdischen Hauses, dessen Überreste heute in einem Museum im jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt zu sehen sind. Sie entsprechen der Darstellung des siebenarmigen Leuchters auf dem Titusbogen in Rom, der den Sieg über die Judäer im Jahr 70 zeigt. Bei der Triumphprozession trugen Sklaven die Beutestücke aus dem Jerusalemer Tempel – darunter die Menora. Ein siebenarmiger Leuchter mit gebogenen Armen. Dieser wiederum ist Vorlage für den neunarmigen Leuchter, der an Chanukka verwendet wird.
Warum nun unterscheiden sich die Chanukka-Leuchter von Chabad Lubawitsch in ihrer Form? »Wir beziehen uns auf eine schriftliche Aussage des Rebben, Menachem Mendel Schneersohn, der festgelegt hat, dass die Zeichnung von Maimonides den eigentlichen Leuchter zeigt«, erläutert Rabbiner Menachem Brod, Sprecher von Chabad Lubawitsch Israel. Die Darstellung ist über 800 Jahre alt, stammt vom Rambam (Rabbiner Moses ben Maimon, 1135-1204), zeigt einen Leuchter mit geraden Armen. Doch dabei handele es sich lediglich um eine grobe Skizze, widerspricht Rabbiner Ariel.
Rabbiner Brod bleibt dabei: »Es gab verschiedene Formen von Leuchtern.« Das Original sei in den Trümmern des Heiligtums verschwunden. Was nach Rom ge-
langte und in anderen Darstellungen abgebildet wurde, waren Duplikate. »Die Form mit den spitzen Winkeln ist die richtige«, ist der Chabad-Sprecher überzeugt.
Die Tora habe nur wenige Informationen dazu übermittelt. Endgültig werde dies wohl erst nach der Ankunft des Messias zu klären sein, meint Ami, ein Leser von Haaretz, der im Internetforum seine Gedanken hinterließ. Dass diese Frage überhaupt diskutiert werde, zeige, »dass wir Juden und das Judentum lebendig und wohlauf sind.« Detlef David Kauschke
Chanukkiot