Marc Chagall

Geliebt, gehaßt, vereinnahmt

Geliebt, gehaßt, vereinnahmt

Ein Vortrag über
Marc Chagall und seine
Beziehung zu Europa

von Bettina Stuhlweiszenburg

Fliegende Fiedler, verliebte Brautpaare und sanft dreinblickende Kühe – in vielen deutschen Wohnzimmern findet sich ein Druck des Malers Marc Chagall. Fast schon inflationär werden die populären Motive des jüdischen Künstlers an Küchen- und Schlafzimmerwände gepinnt.
Unter dem Titel »Und vielleicht wird mich Europa lieben...« hielt die Kunsthistorikerin Karoline Hille im Rahmen der »Woche der Brüderlichkeit« einen Vortrag über die schwierige Beziehung des aus Rußland stammenden Avantgardisten zu Deutschland.
Nach dem Vortrag dürfte die »naive Verzückung des Publikums beim Anblick seiner Werke künftig einer differenzierteren Sichtweise weichen«, urteilte Ellen Presser, Leiterin des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde München. Sie veranstaltete den Abend zusammen mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Deren Vorstandsmitglied Nina Safyan führte in den Vortrag ein: »Vor der Perestroika war Chagall in Rußland verboten«. sagte sie. »Ich durfte sein Werk erst in Deutschland kennenlernen.«
Eine Ausstellung im Berliner »Ersten Deutschen Herbstsalon« 1913 begründete Chagalls Ruhm hierzulande. Galeristen, Sammler und Museumsfachleute begeisterten sich für die junge neue, nachimpressionistische Kunst. Von 1933 an war der Maler der Hetze der Nationalsozialisten ausgesetzt. Sie beschimpften ihn als »jüdisch-bolschewistisch« und schmähten sein Werk als »entartete Kunst«. Das NS-Regime erkannte aber auch den Marktwert Chagalls und verkaufte seine Kunst in großem Stil an ausländische Interessenten.
Nach 1945 wurde Chagall aufgrund seiner Bibelillustrationen und Kreuzigungsdarstellungen als Symbol für die deutsch-jüdische Versöhnung vereinnahmt. Eine Interpretation, die dem Künstler nicht gerecht wird. »Für Chagall ist der Gekreuzigte immer der Jude Jesus gewesen, ein Symbol für die Behandlung der Juden durch die Christen, so wie er sie während der Pogrome in seiner Jugend selbst erlebt hatte«, argumentierte Hille. Sie stützt sich bei ihrer Deutung auf ein Zitat Chagalls selbst: »Ich habe Jesus gemalt und gezeichnet in Bildern von Ghettos, umgeben von jüdischen Sorgen, von jüdischen Müttern, die entsetzt mit Kindern im Arm wegrennen. Mein Christus, wie ich ihn darstelle, ist immer der Typus des jüdischen Märtyrers, in Pogromen und anderen Nöten und nichts anderes.«

Wittenberg

Luthergedenkstätten untersuchen ihre Sammlung auf NS-Raubgut

Zwischen 1933 und 1945 erworbene Objekte werden analysiert

 19.02.2025

Braunau

Streit über belastete Straßennamen im Hitler-Geburtsort

Das österreichische Braunau am Inn tut sich weiter schwer mit seiner Vergangenheit. Mehrere Straßen tragen nach wie vor die Namen bekannter NS-Größen. Das soll sich nun ändern

 13.02.2025

Bund-Länder-Kommission

Antisemitismusbeauftragte fürchten um Finanzierung von Projekten

Weil durch den Bruch der Ampel-Koalition im vergangenen Jahr kein Haushalt mehr beschlossen wurde, gilt für 2025 zunächst eine vorläufige Haushaltsplanung

 12.02.2025

Österreich

Koalitionsgespräche gescheitert - doch kein Kanzler Kickl?

Der FPÖ-Chef hat Bundespräsident Van der Bellen über das Scheitern der Gespräche informiert

 12.02.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Hetty Berg, Armin Nassehi und Philipp Peyman Engel

 11.02.2025

Sport

Bayern-Torwart Daniel Peretz trainiert wieder

Der Fußballer arbeitet beim FC Bayern nach seiner Verletzung am Comeback

 09.02.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  05.02.2025

USA/Israel

Trump empfängt Netanjahu im Weißen Haus

Als erster ausländischer Staatsgast in Trumps zweiter Amtszeit kommt der israelische Regierungschef nach Washington. In dem Republikaner hat der israelische Besucher einen wohlwollenden Unterstützer gefunden

 04.02.2025

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025