Im Streit um die Finanzierung des Gedenkprojekts »Zug der Erinnerung« ist Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee der gleichnamigen Bürgerinitiative nun einen Schritt entgegengekommen. Das Verkehrsministerium stellte der mobilen Ausstellung, die an das Schicksal von in der Nazizeit deportierten Kindern erinnert, 15.000 Euro zur Verfügung und reagierte damit auf öffentliche Kritik. Die Initiative hatte der Bahn AG und ihrer Eigentümerin, der Bundesregierung, vorgeworfen, mit der Erhebung von Trassen-, Stations- und Anschlussgebühren für Strom in Höhe von über 50.000 Euro einen »faktischen Boykott« der Wanderausstellung zu betreiben (vgl. Jüdische Allgemeine vom 10. Januar).
Unter Federführung des Grünen-Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann hatten am 16. Januar die Verkehrspolitischen Sprecher aller Fraktionen in einem Brief an den Bahnvorstand appelliert, »aus Verantwortung für die eigene Geschichte Gutes (zu) tun und zugleich etwas für ihr nationales und internationales Renommee«. Und am 18. Januar schrieb die Bundestagsabgeordnete Ulla Burchhardt (SPD) ebenfalls einen Brief an Bahnchef Hartmut Mehdorn, worin sie ihn bat, die Ausstellung in ihrem Wahlkreis Dortmund durch den Erlass der Gebühren zu unterstützen. Den jetzigen Zuschuss durch das Bundesverkehrsministerium nennt Burchhardt »honorig« – eigentlich sei es aber nicht Sache der öffentlichen Hand, sondern des Konzerns Bahn AG, sich seiner historischen Verantwortung auch in finanzieller Hinsicht zu stellen.
Ein Sprecher der Bahn betont indes weiterhin, dass ein Erlass der Gebühren aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei und die Bahn AG die Ausstellung bereits mit der Bereitstellung von Trassen und Bahnhöfen logistisch unterstütze.
Aber der »Zug der Erinnerung« will weitermachen, obwohl Tiefensees 15.000 Euro nur ein »Almosen« seien, so der Vorstandssprecher der Initiative, Hans-Rüdiger Minow. Bis heute seien bereits Kosten von 250.000 bis 300.000 Euro angefallen, die größtenteils aus Spenden von Ausstellungsbesuchern bestritten werden. Und die erscheinen in Massen. Als der »Zug« Mitte Januar in Halle Station machte, kamen nach Angaben der Veranstalter innerhalb weniger Tage mehrere Tausend Besucher.
Die Direktion der französischen Staatsbahnen Société Nationale des Chemins de Fer (SNCF) unterstützt den »Zug der Erinnerung« übrigens mit der Bereitstellung eines Ersatzwaggons. Dies erspart dem Verein nach eigenen Angaben rund 18.000 Euro. Mit dieser Hilfe – sowie weiteren Spenden – will der »Zug der Erinnerung« seine Fahrt fortsetzen – unter anderem nach Gotha und Hamburg –, um am 8. Mai an seiner Endstation anzukommen, der Gedenkstätte Auschwitz.
Derweil hat Verkehrsminister Tiefensee am Mittwoch am Potsdamer Platz in Berlin die Ausstellung »Sonderzüge in den Tod« eröffnet, die die Bahn AG gemeinsam mit der »Vereinigung der Söhne und Töchter der deportierten Juden in Frankreich« erarbeitet hat und die ebenfalls an die Deportationen durch die Reichsbahn erinnert. Zu dieser Zusammenarbeit hatte sich Bahnchef Hartmut Mehdorn allerdings erst nach erheblichem Druck durchgerungen. Ingo Way
„Zug der Erinnerung“