von Viktor Funk und
jonathan scheiner
Die Polizeidaten lesen sich nüchtern: 100 Teilnehmer. Die Veranstaltung blieb friedlich. Ganz anders sehen das die Veranstalter der Pro-Israel-Demonstration am vergangenen Donnerstag in Hamburg. 350 Teilnehmer schätzt Knut Teske von der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (DIG). »Friedlich war es. Den eventuellen Gegendemonstranten blieb gar nichts anderes übrig. Sie wurden ja fast abgedrängt.« Voller Menschen sei der Bürgersteig gewesen, wer vorbei wollte, mußte die andere Straßenseite benutzen. Und das, obwohl eine große Hamburger Tageszeitung die Demonstration irrtümlich erst für einen Tag später angekündigt hatte. Nur wenige Minuten vor der Solidaritätsveranstaltung hatten noch in unmittelbarer Nähe einige libanesische Frauen an die Kriegsopfer auf beiden Seiten erinnert, doch zu Störungen oder Feindseligkeiten kam es nicht.
Diejenigen, die in Hamburgs Fußgängerzone stehenblieben, sehen den Staat Israel mit anderen Augen als viele ihrer Bekannten und Arbeitskollegen. »Wenn man sie nicht schon hatte, haben wir heute wieder neue Argumente kennnengelernt, warum es so wichtig ist, Israel zu unterstützen«, sagte ein Passant. Gute Argumente lieferten Redner jeglicher Couleur: Hinrich Kaasmann vom deutschen Freundeskreis Yad Vashem, die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann, der junge Hamburger Rabbiner Shlomo Bistritzky, Elad Beck von der israelischen Tageszeitung Yediot Achronot und auch Knut Teske von der DIG Hamburg. Mitveranstalter waren die zionistische Frauenorganisation WIZO, das Deutsch-Israelische Jugendforum und die Jüdische Organisation Norddeutscher Studenten (JONS).
Die Redner der etwa einstündigen Veranstaltung, die immer wieder vom Applaus der Demonstranten unterbrochen wurde, waren sich darin einig, daß Israel das Recht auf Selbstverteidigung hat. In seiner Rede betonte Knut Teske von der DIG, daß sich die öffentliche Meinung gegen Israel wende, obwohl das Land den Krieg »nicht gewollt, nicht provoziert, nicht vom Zaun gebrochen hat«. Der Schlachtruf »Tod Israel« der 3.500 Hisbollah-Demonstranten, die vor einer Woche in Berlin aufmarschiert sind, habe wieder einmal gezeigt, daß die Hisbollah nichts anderes als die physische Vernichtung Israels wolle. Aber der Redner sparte auch nicht mit Selbstkritik: »Krieg ist eine schlechte Lösung. Jedes Opfer ist eine Schande für die Zivilisation«.
Auch in Frankfurt am Main wurde Solidarität mit Israel bekundet. Mehr als 400 Menschen waren, ebenfalls am Donnerstagabend, der DIG-Aufforderung »Unsere Stimme für Israel« gefolgt und ins Ignatz-Bubis-Gemeindehaus gekommen. Helfer mußten zusätzliche Stühle heranholen. Ältere Besucher, Kinder mit Israel-Flaggen in den Händen und Mütter mit Säuglingen auf den Armen lehnten bereits an den Wänden, weil kein Sitzplatz mehr frei war. »Mit so vielen Teilnehmern haben wir nicht gerechnet«, sagte einer der Organisatoren.
DIG-Vorsitzende Claudia Korenke betonte die Hoffnung, daß »Israel seinen Verteidigungskrieg fortsetzt«. Dem pflichtete Salomon Korn bei, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: »Israel kämpft stellvertretend für den Westen gegen die Hisbollah. Es ist ein Kampf des Westens gegen den islamischen Terrorismus.« Auch diese Rede wurde vom Applaus mehrmals unterbrochen.
Das galt auch für die Worte von Johannes Gerster, ehemaliger CDU-Parlamentarier im Deutschen Bundestag und früherer Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jerusalem, der die Kritik europäischer Politiker an Israel zurückwies. Statt über Israel zu richten, so Gerster, müsse vielmehr der »Irre im Iran« beobachtet werden. Denn Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad habe mehrmals die »Auslöschung Israels« gefordert.
Doch die israelkritischen Töne waren auch am Donnerstagabend unüberhörbar: Zeitgleich zur DIG-Veranstaltung wurde in der Frankfurter City demonstriert: Gegen »Israels Aggression«.