Der Westen könnte nach Meinung etlicher politischer Beobachter schon bald die Folgen der Demonstrationen in iranischen Städten zu spüren bekommen. Schließlich beschuldigen die Ajatollahs das Ausland, die jüngsten Kundgebungen angezettelt zu haben.
Die Vorwürfe mögen absurd anmuten – man sollte sie dennoch ernst nehmen. Denn Teheran sinnt womöglich auf Rache für die nach der Präsidentenwahl eingetretene Destabilisierung seines Regimes. Und dazu könnte sich das Mullah-Regime seiner Stellvertreterin an der Mittelmeerküste bedienen – der Hisbollah, der »Partei Gottes«.
Der Arm der schiitischen Milizen, die von Teheran mit Geld, Waffen und Know-how unterstützt werden, reicht weit über den Libanon hinaus. Ihr Einzugsgebiet umfasst nicht nur den Nahen Osten, sondern ebenso Europa, Zentralasien und Lateinamerika. Dass sich die libanesische Hisbollah nicht auf den Kampf gegen Israel beschränkt, hat sie in den vergangenen Mo- naten einmal mehr deutlich vorgeführt. Sie sorgte mit Waffenschmuggel und Attentatsversuchen in so unterschiedlichen Ländern wie Ägypten, Aserbaidschan, Belgien und den USA für Schlagzeilen.
Auch Deutschland könnte auf den Radar der Hisbollah geraten. Laut Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz verfügt die libanesische Miliz »über die Logistik, in Deutschland groß angelegte objekt- und personenbezogene Anschläge durchzuführen«, schrieb bereits vor einem Jahr Alexander Ritzmann, politischer Analyst und Senior Fellow bei der European Foundation for Democracy in Brüssel. Die in Deutschland bekannten 900 Hisbollah-Mitglieder seien im Falle einer Krise im Nahen Osten »jederzeit für terroristische Aktivitäten« einsetzbar.
Doch es gibt Stimmen, die eine Schwächung der Hisbollah und der Hamas erwarten. »Die Wahlen im Libanon und in Iran beeinträchtigen die radikalen Kräfte im Nahen Osten, vor allem die Hisbollah und die Hamas«, sagt Eyal Zisser, Chef der Abteilung für Geschichte des Mittleren Ostens an der Universität Tel Aviv. Nicht nur die Ausschreitungen in Teheran, sondern auch das schlechte Abschneiden der Hisbollah im Libanon seien »moralische Schläge« für die radikalen Islamisten. Mittelfristig erwartet Zisser, dass die radikalen Organisationen weniger Gelder aus Teheran erhalten werden. Zudem rechnet er mit einem Rückgang der politischen Unterstützung für die Hamas und die Hisbollah.
Die Hamas in Gasa ist denn auch enttäuscht. Ein Wahlsieg der Schiitenmiliz im Libanon hätte eine Stärkung des »Widerstandes« bedeutet. Hamas hatte deshalb ein riesiges Volksfest mit feurigen Reden und den obligatorischen Gewehrsalven vorbereitet, denn sie war sicher, dass die Hisbollah im Libanon die Wahlen gewinnen würde. Doch sie verlor, und der Iran beschäftigte sich vor allem mit sich selbst: Da gab es für die Hamas nichts mehr zum Feiern. Pierre Heumann
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