»Tanzen und Frohsinn soll sein in uns’ren Reih’n. Lachen und Scherzen sei mit frohem Herz dabei.« Das Lusticania-Lied wird am kommenden Sonntag in Regensburg wohl nicht gesungen, jedenfalls nicht auf offener Straße. Die beiden Faschingsgesellschaften Lusticania und Narragonia haben ihren geplanten Gaudi-Zug durch Regensburg in letzter Minute abgesagt. Nach massivem Protest von Seiten des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Bayern, hielt es Roscoe Pielmeier, Sprecher der Narragonia-Gesellschaft »für die beste Lösung«, das Spektakel zu verschieben und am 3. Februar nachzuholen.
Wegen des engen Terminkalenders und um nicht den umliegenden Dörfern die Schau zu stehlen, hatten die beiden Karnevalsgesellschaften ihren Zug ausgerechnet für den 27. Januar geplant. »Ein Faschingszug an diesem Tage düpiert und entehrt die Opfer des Naziterrors und die wenigen Überlebenden«, empörte sich der Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, Josef Schuster. Es sei ein »Fauxpas, der einer Weltkulturerbestadt unwürdig sei«.
»Das war keine böse Absicht. Wir haben uns nichts dabei gedacht«, sagt Armin Ogurek, Präsident von der Karnevalsgesellschaft Lusticania. Probleme bei der Genehmigung habe es auch nicht gegeben. Man habe aber gesehen, dass eine Verlegung wohl besser ist. Josef Schuster freut sich, »dass doch die Einsicht gesiegt hat, dass dieser Tag alles andere als geeignet ist für einen Faschingsumzug«. Das Regensburger Beispiel zeige jedoch, dass der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus auch zwölf Jahre nach seiner Einführung durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog noch nicht in den Köpfen angekommen sei. Dem könnten Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft nur durch eindringliche Statements begegnen. Eine Möglichkeit, den Tag stärker ins Bewusstsein zu heben, sei, ihn zu einem sogenannten stillen Tag zu ernennen, an dem Tanzverbot herrsche. »So bekäme er deutlichere Strukturen«, sagt Schuster.
Die Einsicht von Regensburg ist jedoch nicht in allen Städten angekommen. So hält München beispielsweise an seinem Faschingsumzug am 27. Januar fest und verändert nur die Streckenführung. Statt am Platz der Opfer des Nationalsozialismus vorbeizuziehen, wo am Morgen noch ein Kranz niedergelegt wird, machen die Narren einen Umweg über den Odeonsplatz zum Siegestor und über die Theresienstraße, »um dem besonderen Datum Rechnung zu tragen«. Josef Schuster ist verwundert: Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) will in einem Wagen mitfahren.
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