von Detlef David Kauschke
Hermann Simon ist der künstlerische Leiter der Jüdischen Kulturtage in diesem Jahr. Das Programm des Festivals trägt eindeutig seine Handschrift: So ist die Synagoge Rykestraße, in der er einst als Barmitzwa und heute als Gabbai betet, der Hauptveranstaltungsort: »Schließlich wurde unsere Synagoge mit Millionenaufwand restauriert, da sollten wir sie für derartige Anlässe der Öffentlichkeit öffnen.« Am Samstag, 13. September, 21 Uhr, findet dort das Eröffnungskonzert mit Synagogalmusik des israelischen Komponisten Yehezkel Braun statt. »Das ist ein Komponist, der die Verbindung zwischen Israel und Berlin darstellt. Diese Stadt war in der jüdischen Musik immer sehr wichtig gewesen«, betont Simon. Deshalb freue es ihn auch besonders, dass im Rahmen der Kulturtage das neue Jewish Institute of Cantorial Arts seine Arbeit in Berlin aufnimmt.
Am Sonntag, 14. September, tragen in der Rykestraße um 20 Uhr Esther Ofarim und Yoni Rechter »Songs aus Israel« vor. Am Dienstag, 16. September, 20 Uhr, sind das Jerusalem Chamber Music Festival mit der international renommierten Pianistin Elena Bashkirova in der Synagoge zu Gast. Und zum Abschluss der Kulturtage, am Sonntag, 21. September, will das Idan Raichel Project dort ab 20 Uhr musikalisch die ethnische Vielfalt Israels präsentieren.
Die Kulturtage stehen diesmal im Zeichen des 60-jährigen Bestehens des jüdischen Staates. »Es kann 2008 kein anderes Thema geben als den Geburtstag Israels«, erläutert Simon.
Gleichzeitig soll auf die Geschichte der Jeckes, die an der Entwicklung von Kunst und Kultur im Land einen großen Anteil hatten, aufmerksam gemacht werden. »Die Jeckes. Die deutschsprachigen Juden in Israel und ihr Beitrag zum Aufbau des jüdischen Staates« ist der Titel einer Ausstellung, die bis zum 31. Dezember im Centrum Judaicum zu sehen sein wird. Simon ist auch als Direktor des Hauses »besonders stolz«, zur Ausstellungseröffnung am kommenden Sonntag (Beginn: 11 Uhr) Stef Wertheimer begrüßen zu können. Der aus Süddeutschland stammende Industrielle widmet sich in seinem Museum im nordisraelischen Tefen diesem besonderen Erbe. »60 Jahre Israel – Einflüsse und Beiträge der Juden« ist am Sonntag, 21. September, 17 Uhr, auch Thema einer Diskussion der Konrad-Adenauer-Stiftung, an der unter anderem der ehemalige Jerusalem Post-Herausgeber Ari Rath, der Historiker Mi-
chael Wolffsohn und Ex-Botschafter Jo-
hannes Gerster teilnehmen.
Zurück zur Oranienburger Straße: Dort laden das Centrum Judaicum und die Be-
tergemeinschaft Beit Or am Samstagabend, 13. September, zur »Langen Nacht der Synagogen«. Die historischen Räume und die Kuppel stehen für Besichtigungen offen. Wie in anderen jüdischen Gotteshäusern der Stadt (Passauer Straße 4, Fraenkelufer 10-16, Hüttenweg 46 und Münstersche Straße 5), können die Besucher an diesem Abend in der Synagoge Beit Or zum Beispiel eine Hawdala-Zeremonie erleben und Fragen zum Judentum aus erster Hand beantwortet bekommen.
»Uns ist gelegentlich vorgeworfen worden, vom Westen in den Osten zu ziehen«, sagt Simon. »Daher wollten wir ganz be-
wusst mit dem Programm der Kulturtage in einstmals beiden Teilen der Stadt präsent sein. Das ist Geschichte der Jüdischen Gemeinde Berlin, die wie eine Ellipse zwei Brennpunkte hat, die Oranienburger und Fasanenstraße.« Und so betont er, dass die 22. Jüdischen Kulturtage noch ein paar Ver-
anstaltungsorte mehr haben: Zum Beispiel das Haus der Festspiele, wo am 18. September, 20 Uhr, die Berliner Uraufführung des »Poetic Disasters« mit dem Acco Dance Center und dem Grand Theatre Groningen stattfinden soll. Oder das Jüdische Museum, das sich unter anderem mit der Ausstellung »Raub und Restitution« (Vernissage: 18. September, 18 Uhr) beteiligt. Und das Literaturhaus in der Fasanenstraße 23, wo ab dem 14. September (Vernissage: 17 Uhr) die Ausstellung »Manès Sperber. Ketzer, Renegat, Humanist« zu sehen ist.
Nur ein paar hundert Meter weiter wird die Fasanenstraße am Sonntag, 21. September, Ort für ein besonderes Spektakel. Von 12 bis 18 Uhr heißt es dort »Shuk Ha’Carmel in Berlin«. Der Shuk Ha’Carmel ist der größte Markt in Tel Aviv. Und wie in der Mittelmeermetropole soll es auch hier viele kulinarische Genüsse und orientalische Klänge geben. Die Gemeinde feiert an diesem Tag vor ihrem Gemeindehaus ein großes Fest zum Jubiläum Israels.
Sicherlich wird dort auch Gebäck angeboten. Hermann Simon ist leidenschaftlicher Kuchenesser. Vielleicht deshalb schmückt die Broschüren und Plakate der Kulturtage das Foto einer Schwarzwälder Kirschtorte mit Davidstern aus Sahneguss. Sein Kommentar dazu: »Das ist un-
ser Geburtstagsgeschenk für Israel. Jeckischer geht’s wohl nicht mehr.«