IDEAL

Ganz hejmisch

Es war einmal ein König. Er lebte glücklich mit seiner Königin in einem schönen Palast. Der König liebte seine Königin sehr und ließ viel wertvollen Schmuck für sie herstellen. Doch eines Tages entwickelte sich ein großer Streit zwischen den beiden. Der König wurde sehr zornig und vertrieb die Königin aus dem Palast. Da er aber nicht beabsichtigte, sie für immer fortzuschicken, gab er ihr ihren Schmuck mit und befahl ihr, ihn vorübergehend auch außerhalb des Palastes zu tragen. Denn er wollte vermeiden, dass die Königin die Gewohnheit verliere, den schönen Schmuck anzulegen. Der König wollte sicher sein, dass die Königin den Schmuck auch nach ihrer Rückkehr in den Palast wieder richtig zu tragen wisse (Sifre Dewarim, Piska 43).

gleichnis Der Midrasch erzählt diese Geschichte, um – auf allegorische Weise – die Funktion der Vorschriften der Tora in der Diaspora zu erklären. Der König hier ist Gott, die Königin ist das jüdische Volk, der Palast stellt Erez Jisrael, das Land Israel, dar und der Schmuck die Gebote der Tora. Das Gleichnis will ausdrücken, dass die Vorschriften der Tora in erster Linie für ein jüdisches Leben in Israel gedacht sind. Genauso wie eine Königin natürlicherweise in ihrem Palast wohnt und dort ihren wertvollen Schmuck trägt, soll sich auch das jüdische Volk natürlicherweise in seinem Land, in Israel, aufhalten, um dort die Gebote der Tora zu befolgen. Israel ist der natürliche und ideale Ort für das jüdische Volk. Israel ist unser Palast. Und genauso wie die Königin zusammen mit ihrem König im Palast lebt, so lebt das jüdische Volk in Israel »zusammen mit seinem Gott«. In Israel sind Gott und das jüdische Volk wie ein glückliches Paar miteinander vereint.
In diesem Sinne ist eine erstaunliche Aussage des Talmuds zu verstehen. Die Gemara sagt: »Jeder, der im Land Israel lebt, gleicht jemandem, der einen Gott hat. Doch jeder, der außerhalb Israels wohnt, gleicht jemandem, der keinen Gott hat« (Ktuwot 110b). Die mit Absicht sehr übertrieben formulierte Aussage des Talmuds will uns zu verstehen geben, dass Israel der beste Ort für ein richtiges jüdisches Leben ist. Juden können zwar auch außerhalb Israels leben und überleben, doch die auf den Gesetzen der Tora basierende Beziehung zu Gott hat in Israel eine ganz andere Qualität und Intensität als außerhalb des Landes.

gelübde Ramban (Nachmanides, 1194-1270) zitiert diese Aussage der Gemara in seinem Tora-Kommentar zu 1. Buch Moses 28,21, um eine schwierige Stelle in unserem Wochenabschnitt zu erklären. Die Tora berichtet von Jakows Flucht vor seinem Bruder Esaw. Jakow ist auf dem Weg von Israel ins Ausland, um bei seinem Onkel Lawan in Charan Zuflucht zu finden. Jakow fürchtet sich sehr und legt unterwegs ein Gelübde ab. Er verspricht, dass, »wenn Gott mich auf diesem Weg beschützen wird und ich wohlauf nach Hause zurückkehren werde, so wird der Ewige mein Gott sein« (28, 20-22). Mit diesem Gelübde impliziert Jakow, dass der Ewige erst nach seiner Rückkehr aus Charan sein Gott sein werde, dass er im Ausland also ohne Gott sei. Da aus der Fortsetzung der Parascha aber klar ersichtlich wird, dass Gott Jakow auch im Ausland begleitet und ihn dort ebenso direkt anspricht (31,3), muss dieses Gelübde genau untersucht und erklärt werden.
Nachmanides zitiert die oben erwähnte Aussage der Gemara, um zu erklären, dass Jakows Gelübde nicht im wörtlichen Sinn zu verstehen ist. Jakow weiß, dass Gott ihn auch im Ausland begleiten wird. Er weiß aber auch, dass er – wie sein Vater Jizchak – besser in Israel bleiben sollte, da das Verlassen des Landes eine gewisse Distanzierung von Gott bedeutet. Wenn Jakow in seinem Gelübde also verspricht, dass »der Ewige mein Gott sein wird«, meint er damit, dass er beabsichtigt, nach seiner Rückkehr aus dem Ausland die volle Nähe zu Gott wieder aufzubauen. Wie ein Paar, das sich nach einem Streit wieder versöhnt, hofft Jakow nach seiner Flucht wieder nach Israel zurückkehren zu können, um sich mit Gott wieder zu vereinen. So versteht Nachmanides Jakows Gelübde.

rückkehr Wie Jakow hat auch das jüdische Volk im Laufe seiner Geschichte das Land Israel immer wieder verlassen müssen und glich häufig jemandem, der keinen Gott hat. Es gab – in der Sprache des Midrasch ausgedrückt – immer wieder Streit zwischen dem König und der Königin, zwischen Gott und Seinem Volk. Heute ist die Königin nach 2.000 Jahren wieder auf dem Weg zurück in den Palast. Der König hat sie bereits aufgefordert, wieder zu Ihm zurückzukehren. Die Königin ist mit einem Fuß schon wieder im Palast und poliert jetzt ihren Schmuck, damit er wieder glänzt und scheint. Sie ist aber noch nicht ganz beim König. Doch bald wird sie wieder bei Ihm sein, um sich für immer mit ihm zu vereinen.

Mainz

Weißer Ring: Jüdisches Leben auf dem Rückzug

Barbara Richstein, die neue Bundesvorsitzende der Organisation, fordert ein klares Eintreten gegen Judenhass

 15.01.2025

Berlin

Weltweiter Antisemitismus alarmiert Bundesbeauftragten Klein

Negative Stereotype über Juden sind einer Befragung zufolge weltweit so verbreitet wie nie

 15.01.2025

Bundestagswahl

Russlands Außenminister Lawrow lobt AfD und BSW

Es gebe in ihren Äußerungen »viel Vernünftiges«

 14.01.2025

Helsinki

Scholz: Leben der Geiseln muss oberste Priorität haben

Über die Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen heißt es, ein Abkommen sei greifbar. Der Bundeskanzler hofft auf einen Abschluss

 14.01.2025

Karlsruhe

Verdacht der Volksverhetzung: Polizei ermittelt gegen AfD

Es geht um ein in sozialen Netzwerken gepostetes »Abschiebeticket«. Die zumindest in Teilen rechtsextremistische Partei überschreitet immer wieder Grenzen

 14.01.2025

Vatikan

Papst verurteilt Massaker der Hamas und kritisiert Israel

Regelmäßig steht der Papst in der Kritik, er habe den Terrorangriff der Hamas auf Israel nicht klar genug verurteilt. In seinem neuen Buch tut er genau das, wirft aber auch Israel vor, Terror zu produzieren

von Severina Bartonitschek  14.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Marburg

»Biodeutsch« ist »Unwort des Jahres« 2024

Diskriminierend und »eine Form von Alltagsrassismus«: So stuft die Jury den Begriff ein, wenn er wörtlich verwendet wird. Zum »persönlichen Unwort« der Mitglieder Cheema und Mendel wurde »importierter Antisemitismus«

 13.01.2025

Riesa

Massive Proteste gegen AfD-Bundesparteitag 

Mehrere tausend Menschen sind seit dem frühen Samstagmorgen in der sächsischen Stadt gegen den AfD-Bundesparteitag auf die Straße gegangen

 11.01.2025