EILMELDUNG! Nach Weigerung der Hamas, Geiseln freizulassen: Israel startet Überraschungsangriff auf Terrororganisation

Jüdisch-katholische Dialog

Funkstille

von Micha Brumlik

Die katholische Kirche hat sich ehrlich gemacht. Und es war kein Geringerer als Kardinal Walter Kasper, im Vatikan zuständig für die Beziehungen zum Judentum, der diesen Schritt gegangen ist. Mit seinem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über die erneuerte lateinische Karfreitagsfürbitte hat der Theologe nun offi- ziell bestätigt, was zuvor hinter einem Wust halbherziger Dementis, relativierender Kommentare und nebulöser Hinweise verborgen war: Dass die von Benedikt XVI. verfügte Liturgie tatsächlich die Juden zur Menschengruppe mit verfinstertem Herzen erklärt. Der Kardinal hat es zudem gewagt, die nicht einmal besonders harschen Reaktionen von Rabbinern, jüdischen Laien und Intellektuellen gönnerhaft als »weithin nicht rational, sondern emotional begründet« zu bezeichnen. Zudem weist er daraufhin, dass dabei nicht Überempfindlichkeit am Werk sei, sondern es sich um eine berechtigte Reaktion angesichts der Geschichte des christlichen Antijudaismus bis hin zum Holocaust handele.
All diese Aussagen sind gewiss nicht ohne päpstlichen Segen gemacht worden. Warum also hat Benedikt XVI. die Aufforderung »Lasst uns auch beten für die Juden. Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland der Menschen« genehmigt? Die Fürbitte sei im Ganzen des Neuen Testaments begründet und spreche nur aus, »was schon bisher als selbstverständlich vorausgesetzt, aber offensichtlich nicht hinreichend thematisiert wurde«. Zudem sei das Gebet, schreibt Kasper, kein Aufruf zur (aktiven) Judenmission. Theologisch allerdings gelte mit dem Apostel Paulus: »Gott hat aber den Großteil seines Volkes mit Ausnahme eines heiligen Rests wegen dessen Unglauben verstockt. Die Verstockung der Juden gereicht den Heiden zum Heil. (…) Wenn die Fülle der Heiden in das Heil eingeht, wird ganz Israel gerettet werden.« Das Eintreten aller Völker in die Kirche werde schlussendlich also den Juden zum Heil gereichen und »für die Welt den eschatologischen Frieden« bringen.
Was ist dem zu entgegnen? Es stimmt: Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), die von Papst Paul VI. neu formulierte, judenfreundlichere Karfreitagsfürbitte im normalen Ritus und das Engagement von Johannes Paul II. wurde der be- gründete Anschein erweckt, als sei die Kirche auch von sublimierten Formen des Antijudaismus abgerückt. Deshalb ist eine enttäuschte Reaktion auf eine durch das Han- deln von Kirche und Päpsten über Jahrzehnte anders gehandhabte Praxis keineswegs »irrational«. Irrational wäre es gewesen, hätten Juden die Änderung umstands- los akzeptiert. Ohne die grundlegenden Änderungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wäre der jüdisch-katholische Dialog niemals so weit gediehen, wie es bis vor Kurzem der Fall war. Ist es angesichts des (vermeintlich) guten Klimas nicht geradezu abwegig, in der Fürbitte einen Missionsaufruf zu sehen? Sicherlich – wenn man sich unter »Mission« das Verteilen von finanziellen Wohltaten, das aggressive Zugehen auf religiös ungebildete jüdische Immigranten aus der ehemaligen Sowjetunion sowie das Drucken und Verteilen von Traktätchen vorstellt.
Tatsächlich missioniert die katholische Kirche so nicht. Aber sie will mit der erneuerten lateinischen Liturgie missionieren lassen, und zwar von Gott selbst. Entgegen dem Vertrauen auf Gottes Allmacht am Ende der Tage bittet ihn die katholische Kirche schon heute darum, zum geistig-geistlichen Judenmissionar zu werden. Das ist jedoch, wenn auch mit etwas taktvolleren Mitteln, nichts anderes als ein Aufruf zur Mission. Und nicht nur das. Kardinal Kasper erwartet von jüdischen Freunden auch, dass sie von ihrem Glauben Zeugnis ablegen und damit von ihren Gründen, Jesus von Nazareth weder als Messias noch als Sohn Gottes (und damit als Gott) anzuerkennen. Das kann der Kardinal gerne haben. Ein Blick in die Tageszeitung reicht in der Regel aus, um die Unerlöstheit der Welt zu dokumentieren.
Ist auf einer solchen theologischen Basis der viel beschworene jüdisch-katholische Dialog noch möglich? Nein. Zumindest gilt das für die offizielle Ebene. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat bereits erklärt, das Gespräch mit der katholischen Kirche vorerst auszusetzen. Zu Recht.
Und wie kann es jenseits offizieller Kontakte weitergehen? Derzeit eröffnen sich zwei einander nicht ausschließende Möglichkeiten: Die eine ist der Weg theologisch anspruchsloser humanitärer Allianzen gegen Armut, Unterdrückung und Not. Der andere mögliche Weg, nennen wir ihn den der respektierten Verschiedenheit, führt zurück zu den Quellen, in die Geschichte und folgt dabei den Vorgaben von religionsgeschichtlicher Forschung sowie streng argumentierender Religionsphilosophie. Womöglich gelingt es auf diese Art und Weise, in den nächsten Jahrzehnten die jetzt von der katholischen Kirche so schroff herausgestellten Differenzen so weit zu klären und zu verstehen, dass sie wenigstens nicht mehr kränkend wirken.

Der Autor war jahrelang jüdischer Vorsitzender des Arbeitskreises »Juden und Christen« beim Deutschen Evangelischen Kirchentag und wirkt gelegentlich im Arbeits- kreis »Juden und Christen« beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit.

Washington

Trump ordnet Angriffe auf Huthi-Terrormiliz an

Huthi-Milizen greifen vom Jemen immer wieder Schiffe an. US-Präsident Trump reagiert mit Härte

 15.03.2025

Erfurt

Israels Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Berlin

Antisemitische Farbschmiererei an Hauswand in Berlin-Mitte

Die Gedenktafel in der Max-Beer-Straße ist Siegfried Lehmann (1892-1958) gewidmet

 14.03.2025

Berlin

Bundesregierung begeht Gedenktag für Opfer von Terror

Im Auswärtigen Amt werden dazu Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erwartet

 11.03.2025

München

Mann soll Plagiat wegen Obduktion seiner toten Mutter inszeniert haben

War es ein irrer Racheplan? Ein Mann soll mit der Fälschung eines Buches einem Rechtsmediziner geschadet haben. Seine Verteidigung fordert Freispruch – und auch er selbst äußert sich sehr ausführlich.

 07.03.2025

Hamburg

Wähler lassen AfD rechts liegen, Zeichen stehen auf Rot-Grün

In Hamburg hat Bürgermeister Tschentscher (SPD) weiterhin den Hut auf. Die AfD gewinnt Stimmen hinzu, bleibt aber vergleichsweise schwach

von Markus Klemm, Martin Fischer  03.03.2025

Israel

Tausende Israelis demonstrieren für die Freilassung der Geiseln

Die erste Phase der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas endet ohne eine Vereinbarung über eine Fortsetzung

 02.03.2025

Berlin

Geräuschlose Premiere: Schwarz-Rot sondiert still und leise

Möglichst bis Ostern soll die neue Bundesregierung stehen. Kein Selbstläufer, denn im Wahlkampf gab es viele Verletzungen. Wie problematisch diese sind, zeigt eine Umfrage in der SPD

von Marco Hadem  28.02.2025

Berlin

Entscheidung über Samidoun-Verbot dieses Jahr

Der Verein Samidoun, das Islamische Zentrum Hamburg, »Compact« - das Bundesinnenministerium hatte zuletzt eine Reihe von Vereinsverboten erlassen. Über einige wird demnächst entschieden

 26.02.2025