Herr Foreman, wann werden Sie Boxweltmeister?
Bald. Am 14. November kämpfe ich in Las Vegas gegen Daniel Santos, den amtierenden Superweltergewichts-Weltmeister der World Boxing Association (WBA). Das ist einer der seriösen Boxverbände. Der hat mich auf Nummer eins der Weltrangliste gesetzt. Da habe ich wohl Chancen.
Und wann werden Sie Rabbiner?
Oh, das dauert noch zwei Jahre.
Rabbinatsstudent und Profiboxer, passt das zusammen?
Das passt ganz gut. Ich studiere morgens die Tora und widme mich nachmittags meinem Training. Jetzt in diesem Augenblick studiere ich. Aber ich brauche eine Pause. Und nachmittags gehe ich in das berühmte Gleason’s Gym in Brooklyn.
Ziemt es sich denn für einen Rabbiner, jemanden kampfunfähig zu schlagen?
Ich werde das zwar oft gefragt, aber wo sollte der Widerspruch sein? Ich schlage ja nicht wild um mich, sondern betreibe meinen Sport sehr ernsthaft. Das Judentum hilft mir, mich beim Sport zu konzentrieren, zu mir zu finden.
Die großen Kämpfe sind meist samstags. Können Sie den Schabbat halten?
Das ist normalerweise kein Problem. Die Kämpfe sind ja nicht samstags tagsüber, sondern nachts. Im Sommer wird es manchmal eng, weil der Sonnenuntergang sehr spät ist, aber bisher hat es immer geklappt.
Es gibt derzeit nicht viele jüdische Boxer, wie erklären Sie sich das?
Im Profiboxen sind Juden gar nicht so ungewöhnlich. Anfang des 20. Jahrhunderts kamen viele Boxer aus jüdischen Familien. Denken Sie an Benny Leonard, den großen Leichtgewichtler. Der ist mein Vorbild.
Aber jetzt scheint es, als sei die große Zeit des jüdischen Boxens vorbei.
Es sollte mehr jüdische Boxer geben. Wir müssen nämlich viel mehr gegen antisemitische Stereotype unternehmen: Es stimmt nicht, dass Juden schwächlich sind. Ich bin sicher, dass die Juden eine größere Rolle im Boxen spielen könnten. Wir sind sehr inspiriert und haben eine reiche Geschichte.
Wenn Sie im November gewinnen, wären Sie zwar nicht der erste jüdische, aber sehr wohl der erste israelische Boxweltmeister.
Ja, das stimmt, und es würde mich sehr stolz machen. Ich lebe zwar seit 2001 in New York, aber ich habe die israelische Staatsbürgerschaft.
Haben Sie in Israel mit dem Boxsport angefangen?
Nein, in Weißrussland. Mit sieben Jahren. 1991 sind meine Eltern nach Israel ausgewandert, nach Haifa. Da war ich elf. Und dort habe ich weitergeboxt.
Ich habe gelesen, dass Ihre Frau auch Boxerin war. Warum wurde sie kein Profi?
Sie war sehr gut: New-York-Champion bei den Amateuren. Sie hatte darüber nachgedacht, Profi zu werden, aber wir haben gemeinsam entschieden, dass ein Profiboxer in der Familie völlig ausreicht. Sie ist jetzt Regisseurin und dreht Dokumentarfilme.
Warum wollen Sie Rabbiner werden?
Es ist für mich die ganz große Chance, das Judentum zu studieren. Ich mag es sehr, die Tora zu lesen. Das gibt mir viel.
Sind Sie religiös aufgewachsen?
Nein, überhaupt nicht. Ich stamme aus einem säkularen Elternhaus. Mein Vater interessiert sich nicht für religiöse Dinge. Und ich habe erst in Amerika begonnen, mich mit Religion zu beschäftigen.
Was sagen Ihre Eltern zu Ihrer Doppelkarriere als Boxer und Rabbiner?
Meine Mutter ist vor elf Jahren gestorben, aber meinem Vater gefällt es, dass ich Rabbi werde und dass ich Boxer bin. »Was du tust, ist schon okay«, sagt er immer.
Mit dem Profiboxer und Rabbinatsstudenten sprach Martin Krauß.