Herr Grünberg, die katholische Kirche, die jüdische Gemeinde und der Verband der Muslime wollen ihre Kinder in eine interreligiöse Grundschule schicken. Wie ist die Idee entstanden?
Wir treffen uns regelmäßig und sprechen miteinander. In diesem Fall sind wir von Oberschulrat Winfried Verburg vom Bistum gefragt worden, wie wir zu einem Schulprojekt stehen, in dem muslimische, jüdische und katholische Kinder ganz bewusst zu-
sammen die Grundschule besuchen, und ob wir uns daran beteiligen würden.
Was wollen Sie mit dieser Schulform erreichen?
Das Wichtigste ist, Normalität zu schaffen. Für die Kinder muss es etwas ganz Normales sein, wenn sie in der Schule neben ei-
nem muslimischen oder jüdischen Kind sitzen, mit dem sie zusammen über ihre Feiertage oder über Ge- und Verbote in ih-
rer Religion sprechen können. Das soll zum Alltag gehören und nichts Besonderes mehr sein. So werden Angst und Vorurteile ge-
nommen. Ich bin davon überzeugt, dass Kinder, die diese Schule besuchen, das Erlernte in ihr Elternhaus hineintragen und somit zum Dialog und zum Verständnis beitragen.
Was wird dann das Besondere der Schule sein?
Im Unterricht sollen bewusst auch die Feste der anderen Religionen berücksichtigt werden, unter anderem indem die Kinder sie erklärt bekommen und zusammen feiern können. Zum Beispiel Purim. In den Nachmittagsstunden könnten sie sich darüber unterhalten, was Purim ist. Die Kinder verkleiden sich und bringen ihre Tradition den anderen Mitschülern spielerisch näher.
Gibt es schon konkrete Pläne, wie man das Projekt umsetzen möchte?
Man darf dabei nicht verkennen, dass es sich hier schon um eine bestehende Grundschule handelt. Dort wird ganz normal unterrichtet, wie an allen anderen Grundschulen auch. Auch der Religionsunterricht soll im neuen Schulkonzept für die einzelnen Konfessionen selbstverständlich ge-
trennt stattfinden. Die jüdischen Kinder haben bei einem Fachlehrer jüdischen Religionsunterricht, die muslimischen und die katholischen dementsprechend.
Warum beginnen Sie damit schon in der Grundschule?
Für mich ist diese Schulform nur die logische Konsequenz aus der Arbeit, die wir in den letzten Jahren geleistet haben. Wir sind im Moment gerade dabei, eine jüdische Kindergartengruppe in einem christlichen Kindergarten einzurichten. Ich bin mir sicher, dass die Eltern der kleinen Kinder, die diesen Kindergarten besucht haben, später ihre Kinder in unsere multireligiöse Grundschule schicken werden. So wachsen sie schon zusammen mit einem ganz anderen Verständnis füreinander auf.
Können Sie sich vorstellen, dass auch das Lehrerkollegium entsprechend religiös zusammengesetzt sein wird?
Das kann, muss aber nicht zwangsläufig so sein. Entsprechend unserer geringen Schülerzahl werden wir auch nur einen Religionslehrer haben, der nicht nur die Kleinen in den Klassen 1 bis 4 unterrichtet, sondern auch die anderen Gruppen. Für die allgemeine Lehrerschaft ist es nicht wichtig, ob sie jüdisch, katholisch oder muslimisch sind. Sie müssen natürlich eine positive Einstellung zu diesem interreligiösen Dialog haben.
Sollen religiöse Inhalte auch fächerübergreifend behandelt werden?
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier von der Grundschule sprechen, in der noch sehr viel in den musischen Fächern gearbeitet wird. So könnten etwa christliche, jüdische oder muslimische Themen im Musik-, Kunst- oder Sprachunterricht aufgegriffen werden.
Mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Osnabrück sprach Heide Sobotka.