Herr Fürst, um das Denkmal zur Erinnerung an die Kriegs- und Verfolgungsopfer in Burgwedel gab es im Vorfeld viele Irritationen. Was war das Problem?
Da wurde einiges von den Medien falsch dargestellt. Die Burgwedeler wollten ihrer gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs gedenken. Eine Gruppe im Rat der Gemeinde, insbesondere des Ratsherr Rudi Gutte, hielt es für notwendig, auch der Opfer der Verfolgung zu gedenken: Juden, Sinti, Roma sowie Euthanasieopfer und bat den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen um Unterstützung. Die Diskussion innerhalb des Rates gestaltete sich etwas zäh, aber schließlich entschied man sich für ein gemeinsames Mahnmal. Zwei Stelen, wie ein Tor angeordnet, rechts eine Tafel mit den Namen der gefallenen Soldaten, links namentlich die Personen der anderen Gruppen.
Was hat denn die Sache eskalieren lassen?
Scheinbar gefiel das nicht allen. Wir wollten daher die Debatte positiv begleiten und luden eine Gruppe von Schülern aus Burgwedel, Bürger, Lehrer und Mitglieder des Rates zu uns ein. In dem Zusammenhang kam die aus meiner Sicht theoretische Frage auf, was ist, wenn unter den Soldaten SS-Leute sind. Da habe ich gesagt: »Dann wird es kritisch, aber das muss zunächst einmal genauer aufgeklärt werden.«
Es zeigte sich, dass tatsächlich Namen von SS-Leuten auf der Gedenkliste stehen. Wie reagierten Sie da?
Bürgermeister Hendrik Hoppenstedt bat um ein Gespräch und machte deutlich, dass vermutlich SS-Leute unter den Gefallenen seien. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, man habe diverse Stellen angeschrieben, um das näher aufzuklären. Wir haben diskutiert und es war klar, dass dies ein ernsthaftes Problem für uns ist. Der Bürgermeister war aber davon überzeugt, dass es bezüglich dieser Personen keine konkrete Schuldzuweisung geben würde. Aber auch dem gehe man weiter nach. Lassen Sie mich in dem Zusammenhang darauf hinweisen, dass eine Vielzahl von jungen Männern in den letzten Kriegsmonaten in die Waffen-SS gepresst wurden und sich dagegen nicht wehren konnten.
Wann haben Sie gesagt: »Da machen wir nicht mit«?
Als mir Bürgermeister Hoppenstedt später berichtete, dass eine weitere Aufklärung der Personen nicht möglich sei. Wir ha-
ben dann im Vorstand entschieden: Wenn sich keine weiteren Erkenntnisse ergeben, dann können die Burgwedeler Juden nicht mit auf das Denkmal mit den Burgwedeler Soldaten. Das habe ich dem Bürgermeister geschrieben, aber auch, dass der Landesverband es hoch anerkennt, dass sich die Stadt sehr nachhaltig bemüht habe, auch eine unbequeme Wahrheit zu recherchieren.
Waren denn die fünf SS-Leute wirklich so unschuldig?
Offensichtlich hat sich jetzt bei zwei der betroffenen SS-Männer herausgestellt, dass sie wohl doch zu Einheiten zählen, denen man konkrete Verbrechen nachweisen kann. Das ist aber noch nicht geklärt. .
Was geschieht jetzt weiter?
Ich bin mir sicher, dass die Stadt Burgwedel und namentlich Bürgermeister Hendrik Hoppenstedt über eine seriöse Lösung nachdenken werden, insbesondere auch, wie sie zukünftig der jüdischen Opfer gedenken wollen. Darüber hinaus gibt es in Burgwedel schon seit vielen Jahren das Gedenken an einen einzelnen jüdischen Bürger in Form eines Straßennamens, die Straße, die nach Dr. David benannt ist. Sie liegt ganz zentral im Ort.
Mit dem Landesverbandsvorsitzenden von Niedersachsen sprach Heide Sobotka.