Herr Rössel, wer war Hadj Amin el-Husseini?
Hadj Amin el-Husseini, der Mufti von Jerusalem, war der politische und religiöse Führer der arabischen Bevölkerung Palästinas vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war ein überzeugter Faschist und gratulierte den Nazis schon 1933 zur Machtübernahme. 1941 an einem profaschistischen Putsch im Irak beteiligt, floh er nach dessen Scheitern ins Exil nach Nazideutschland, wo ihn Himmler zum SS-Gruppenführer ernannte. In dieser Funktion rekrutierte er Zehntausende muslimischer Freiwilliger für Waffen-SS und Wehrmacht. Als fanatischer Antisemit sorgte er durch persönliche Intervention bei der NS-führung dafür, dass Tausende Juden aus den von Deutschland besetzten Ländern Ungarn und Rumänien nicht nach Palästina auswandern durften, sondern stattdessen nach Polen in die Todeslager deportiert wurden.
Das sollte in Ihrer Ausstellung »Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg« ungenannt bleiben. Die »Werkstatt der Kulturen«, wo die Schau stattfinden sollte, wollte die entsprechenden Schautafeln entfernen. Leiterin Philippa Ebéné warf Ihnen Rassismus vor.
Wir haben uns dem Zensur-Ultimatum von Frau Ebéné nicht gebeugt und die Ausstellung kurzfristig in die Uferhallen im Wedding verlegt. Der Rassismusvorwurf ist absurd. Wenn die tatsächlichen Rassisten, die arabischen Nazikollaborateure, um die es hier geht, mit ihren deutschen Verbündeten gewonnen hätten, gäbe es heute keine »Werkstatt der Kulturen« in Berlin oder anderswo. Im Übrigen wird das Thema lediglich in einem Unterkapitel der Ausstellung auf gerade mal 3 von 96 Schautafeln qangesprochen. Der Schwerpunkt liegt bei den Kolonialsoldaten, Zwangsarbeitern und Zwangsprostituierten aus Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika, die im Zweiten Weltkrieg in den Dienst der Krieg führenden Parteien gepresst wurden.
Stecken hinter dem Streit »arabische Platzhirsche«, wie Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky meint?
Unwahrscheinlich. Keine arabische Gruppe hat die Schautafeln bisher gesehen. Auch auf unser Buch zum Thema, das 2005 erschienen ist, gab es nie arabische Reaktionen. Nein, eher handelt es sich wohl hier um vorauseilenden Gehorsam.
Inzwischen hat der Integrationsbeauftragte des Berliner Senats, Günther Piening, angekündigt, es sei ein Kompromiss gefunden worden und die Ausstellung werde vom 1. bis 30. September in einer kleineren Version, die für Schulklassen erstellt wurde, auch in der »Werkstatt der Kulturen« gezeigt. Sind Sie damit zufrieden
Ja, schließlich kam dieser Vorschlag von uns, nachdem Piening die Zensurmaßnahme von Frau Ebéné für »falsch« erklärt hatte. Aber es bleibt abzuwarten, ob dieser Kompromiss tatsächlich realisiert wird, da Frau Ebéné zu dem Vermittlungsgespräch des Integrationsbeauftragten gar nicht erst erschienen und erklärtermaßen auch mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist, dass die Ausstellung jetzt gleich zweimal unzensiert in Berlin gezeigt werden soll.
Das Gespräch führte Michael Wuliger.