von Katrin Richter
49576. Sind das Lottozahlen, eine Telefonnummer oder eine Lösung für Sudoku? Nichts von alledem: 49.576 Internetznutzer haben Natalie Portman beim Verulken eines Gangstaraps gesehen und gehört, dass sie in Harvard bei Klausuren fleißig abgeschrieben habe. Das Abschreib-Bekenntnis der Schauspielerin war nur ein Scherz, aber die Zahl stimmt. So steht es weiß auf blau bei www.jewtube.com.
JewTube, das ist eine neue Video-Plattform, die fast alles bietet, was man schon immer über das Judentum wissen wollte. Nicht auf wissenschaftliche Art, sondern mitten aus dem Leben gegriffen. Angelehnt an www.youtube.com, gibt auch Jewtube die Möglichkeit, Videos zu sehen und eigene hochzuladen.
Die Idee, eine solche Plattform im Internet aufzubauen, kam Jeremy Kossen vor etwa zwei Jahren: »Ich war auf der Suche nach jüdischen Inhalten in einigen Video-Communities. Doch alles, was ich fand war entweder irrelevant oder eklatant antisemitisch. Das war der Punkt, an dem ich erkannte, dass die jüdische Gemeinschaft etwas wie Jewtube brauchte«, sagt der Gründer. Der 32-jährige Kalifornier sieht sein Projekt als Mittel, um jüdische Kultur zu verbreiten, Künstler miteinander zu verbinden und Israel zu unter- stützen. Es geht ihm vor allem darum, jüdische Identität mit Hilfe des Internets sichtbar zu machen. Ansprechen möchte Kossen alle Juden, ob liberal oder orthodox. Jeder soll die Möglichkeit haben, seine Verbindung zum Judentum und zu anderen Juden darzustellen. Es scheint zu funktionieren. »Die Reaktionen, die ich bis jetzt auf Jewtube bekommen habe, sind überwältigend positiv. Viele sagen, dass es Jewtube schon fünf Jahre früher hätte geben müssen«, berichtet Kossen. Die Motivation, Minuten-Videos ins Internet zu stellen, sei ganz unterschiedlich: zur Werbung, zur Erinnerung, zum Lachen oder ›nur so‹. Dementsprechend sind bei Jewtube auch die Rubriken: Unter Celebrations/Simchas sieht man eine Bar Mizwa, einen Sederabend in Israel oder eine Band auf einer orthodoxen Hochzeit. Alles ganz authentisch in Home-Video-Qualität. Wer schon immer wissen wollte, warum Israel auch das Heilige Land genannt wird, der kann sich die, zugegeben höchst unwissenschaftliche, aber lustige Begründung zweier Herren am Strand unter der Rubrik Humor ansehen. Videos von jüdischen Hip-Hop, gitarrenspielende Rabbiner oder eine sehr eigenwillige Version von Hava Nagila sind unter der Rubrik Musik zu sehen. Alles in allem: bunt, fromm, ernst, witzig, für jung und alt.
Wichtig ist: Auf Jewtube kann alles gezeigt werden, solange der jüdische Bezug klar zu erkennen ist. Allerdings gibt es auch eine Qualitätskontrolle, die antisemitische Videos oder kompletten Unsinn nicht zulässt. Zu Kossens persönlichen Lieblingsvideos zählt übrigens ein kurzes Kabbala-Lehrstück und ein Bericht vom Grab des Herodes. Und wenn es Vergnügen mit Gewissensbissen sein darf, dann sieht er sich, wie schon 49.576 Menschen vor ihm, Natalie Portmans Geständnis an.