Die Jüdische Gemeinde Hamburg hat am vergangenen Sonntag einen neuen Beirat gewählt. Das amtliche Endergebnis wird erst Ende der Woche nach der Sitzung des Wahlausschusses bekannt gegeben, doch fest steht: Für den amtierenden Vorstandsvorsitzenden Andreas C. Wankum gibt es keine zweite Legislaturperiode.
Nach dem vorläufigen Ergebnis erlangte Wankum mit 351 Stimmen lediglich Platz 16. Laut Wahlordnung der Hamburger Gemeinde bilden die 15 Kandidaten mit den meisten Stimmen den Beirat. Der wird sich in den nächsten Tagen konstituieren und den fünfköpfigen Vorstand wählen. Weil laut Satzung dabei mindestens drei Mitglieder aus der Mitte des neu gewählten Beirats kommen müssen, könnte Wankum dann allerdings nachrücken. Ob er das tun wird, ist ungewiss. »Ich habe mir die Frage nicht gestellt, denn ich habe nicht damit gerechnet«, sagte er der Jüdischen Allgemeinen am Tag nach der Wahl. Es falle ihm schwer, das Wahlergebnis zu verstehen. »Irgendwas habe ich wohl falsch gemacht.«
Nach demokratischer Gepflogenheit gratulierte Wankum nach Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses dem Kandidaten mit den meisten Stimmen: Ruben Herzberg. Dessen Wahlbündnis »Tacheles – Klartext« war unter dem Slogan »Kompetenz mit Herz« gegen Wankum angetreten. Hinter Herzbergs Namen hatten 480 Gemeindemitglieder ein Kreuz gemacht. Der studierte Lehrer leitet ein staatliches Hamburger Gymnasium. Bereits vor einigen Jahren war er zeitweise Mitglied des Gemeindebeirats. Herzberg wurde 1951 in Haifa geboren, als Siebenjähriger kam er nach Deutschland. Neben Herzberg gehören auch die Kandidaten auf den Plätzen zwei bis fünf zur Liste »Tacheles«. »Wir wollen Zustände herstellen, unter denen sich alle Mitglieder in der Gemeinde wieder zu Hause fühlen«, sagt Herzberg. Er wolle die vielen ausgetretenen Mitglieder zurückholen. »Der bisherige Vorstand hat den Schuldenberg massiv maximiert, ohne dabei für ausreichende Transparenz zu sorgen.«
Vier Tage vor der Beiratswahl hatte die Stadt Hamburg mit der Jüdischen Gemeinde einen Staatsvertrag geschlossen. Im Rahmen eines Zusatzabkommens wird der Gemeinde für 2007 bis 2009 eine jährliche Zuwendung von 850.000 Euro garantiert. Bislang waren es 350.000 Euro.
Wenige Tage vor Unterzeichnung der Vereinbarung hatte das Hamburger Wochenmagazin »Der Spiegel« gemeldet, der Staatsvertrag enthalte wegen Missmanagements in der Gemeinde auch eine Klausel, wonach der Hamburger Landesrechnungshof künftig über Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde wachen werde. »Das ist schlichtweg falsch«, sagt Volkmar Schön, Chef der Hamburger Senatskanzlei. Es sei zwar üblich, dass Zuwen- dungsempfänger belegen müssen, wofür sie das Geld ausgegeben haben, zur Jüdischen Gemeinde bestehe aber ein Vertrauensverhältnis. Dennoch wird dem Rechnungshof laut Vertrag in Zukunft »ein Prüfungsrecht über die Verwendung der Landesleistung« eingeräumt. Tobias Kühn
Hamburg