Ein Neonazi tituliert anlässlich einer Demonstration zum Volkstrauertag im November 2020 anwesende Journalisten als »Judenpack« und »Judenpresse« und ruft ihnen zu: »Feuer und Benzin für euch«.
Doch die Staatsanwaltschaft Braunschweig stellt das Verfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung (Paragraf 130 des Strafgesetzbuches) ein, weil sie der Auffassung ist, die Bezeichnung habe sich nur an die anwesenden Journalisten gerichtet, nicht aber an Juden allgemein. Außer den Medienvertretern vor Ort hätten schließlich keine weiteren Personen zugehört. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren evident zu Unrecht eingestellt und lässt einen notorischen Neonazi unbestraft.
»judenpack« Wer Journalisten »Judenpresse« zuruft, will nicht nur diese Gruppe beleidigen. Er sagt im Grunde nichts anderes, als dass die Juden die Medien kontrollieren und dass Journalisten von Juden angeleitet werden. Entsprechendes gilt für die Bezeichnung als »Judenpack«. Der Neonazi wollte offenkundig zum Ausdruck bringen, die Juden seien ein Pack, und die von ihm als solche titulierten Journalisten gehörten dazu. Es ist ernüchternd, wie zweifach examinierten Staatsbeamten diese Erkenntnis verborgen bleiben konnte.
Es ist immer wieder derselbe Mechanismus. Man meint zwar die Juden, sagt aber »Zionisten« oder »Presse«.
Dabei ist es immer wieder derselbe Mechanismus. Man meint zwar die Juden, sagt aber »Zionisten« oder »Presse«. Dabei meinen diese Begriffe inhaltlich dasselbe, nämlich das angeblich von Juden verkörperte Böse. Auch der Einwand, die Äußerungen seien lediglich vor einigen wenigen Journalisten erfolgt und daher nicht öffentlich gewesen, geht fehl. Dem Neonazi kam es ja durch das Ansprechen der Journalisten darauf an, dass seine antisemitische Hetze publik gemacht wird.
Die Einstellungsverfügung der Braunschweiger Staatsanwaltschaft ist schwach begründet. Mangels Anklageerhebung kann es im vorliegenden Fall erst gar nicht zu gerichtlichen Entscheidungen kommen. Das ist nicht weniger als ein Freibrief, der auch andere Judenhasser ermutigen dürfte.
Der Autor ist Rechtsanwalt in Berlin.