Leben in Berliner DP-Camps

Fluchtgeschichten

von Christine Schmitt

»Die Flucht tausender Juden in der Nachkriegszeit in den Westen und vor allem in die US-Zone von Berlin ist fast in Vergessenheit geraten«, sagt der Journalist Gabriel Heim. In den DP-Lagern von Schlachtensee, Wittenau und Mariendorf hätten
100.000 Juden zwischen 1945 und 1948 ihre erste Anlaufstation nach dem Krieg gefunden. Heim möchte, dass sich wieder mehr Menschen an die DP-Camps (Lager für sogenannte Displaced Persons) erinnern und plant einen Dokumentarfilm für die ARD. Ausgestrahlt werden soll der 45- oder 60-minütige Streifen im Herbst. Nun sucht er Zeitzeugen. Interessant seien für ihn Menschen, die mit der Fluchthilfeorganisation Bricha in den Westen gekommen sind, die in einem DP-Lager in Berlin gearbeitet oder gelernt haben oder die Freunde haben, die diesen Weg gegangen sind. Es gäbe nicht viele persönliche Berichte, deshalb seien sie so besonders wertvoll. Auch über Fotos und andere Dokumente würde er sich freuen. Es soll ein besonderer Film werden, mit vielen eindringlichen Erzählungen, verspricht Heim.
In den vergangenen Jahren habe es zahlreiche Filme und Dokumentationen über die Flucht der Deutschen in der Nachkriegszeit gegeben, aber über die Schicksale der jüdischen Überlebenden so gut wie nichts. »Es ist aber auch ein Stück deutscher Geschichte – und die möchte ich be-
wusster machen«, sagt er. In Archiven recherchiert er, ein ganzer Stapel alter Zeitungen liegt auf seinem Tisch und die Nachlässe im Jüdischen Museum darf er nutzen. »Es ist wie ein Puzzle.« Stück für Stück möchte er zusammensetzen. Beispielsweise geht er den Fragen nach, wo und wie die jüdischen Flüchtlinge zuvor gelebt haben. Die meisten seien aus Osteuropa geflohen, weiß er. Sie hatten sich in den Lagern ein reiches kulturelles Leben geschaffen, mit eigenen Orchestern, Zeitungen und Theatertruppen. Ein dort aufgeführtes Stück »Die Nazis in der Hölle« habe er unter anderem bei seinen Recherchen entdeckt. Erfahren hat er bei seiner Arbeit auch, dass nach den Jahren der Verfolgung und Flucht in den Lagern recht bald Familien gegründet wurden. Auch La-
la Süsskind, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, und Josef Joffe, Herausgeber der Zeit, haben als Kleinkinder im DP-Camp am Schlachtensee gelebt. Die Bewohner dieses Lagers, so Heim weiter, hätten überwiegend versucht, weiterzureisen. Jedoch 3.000 bis 5.000 Menschen seien geblieben und hätten hier Fuß gefasst.
An jeder Straßenecke Berlins werde man mit Geschichte konfrontiert, sagt der ehemalige rbb-Fernsehdirektor, der sich nun einen Wunsch erfüllt und wieder als Autor arbeitet. Seine jüdische Mutter stammt aus Berlin, konnte aber rechtzeitig vor der Nazi-Herrschaft emigrieren. Seine Großmutter hingegen wurde deportiert. Gabriel Heim ist in der Schweiz aufgewachsen und hat lange in München und Köln gelebt.
»Für Berliner ist das moralisch eine schwierige Situation, Juden zu begegnen und sich mit der Last der Vergangenheit wieder auseinanderzusetzen«, glaubt der 58-Jährige. Dennoch und gerade deshalb reize ihn dieses Thema, über das es wenig Material gibt. Deshalb hofft er nun, weitere Zeitzeugen zu finden.

E-Mail-Kontakt: heim-home@t-online.de

Washington

Trump ordnet Angriffe auf Huthi-Terrormiliz an

Huthi-Milizen greifen vom Jemen immer wieder Schiffe an. US-Präsident Trump reagiert mit Härte

 15.03.2025

Erfurt

Israelischer Botschafter besucht Thüringen

Botschafter Ron Prosor wird am Montag zu seinem Antrittsbesuch in Thüringen erwartet

 15.03.2025

Berlin

Antisemitische Farbschmiererei an Hauswand in Berlin-Mitte

Die Gedenktafel in der Max-Beer-Straße ist Siegfried Lehmann (1892-1958) gewidmet

 14.03.2025

Berlin

Bundesregierung begeht Gedenktag für Opfer von Terror

Im Auswärtigen Amt werden dazu Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erwartet

 11.03.2025

München

Mann soll Plagiat wegen Obduktion seiner toten Mutter inszeniert haben

War es ein irrer Racheplan? Ein Mann soll mit der Fälschung eines Buches einem Rechtsmediziner geschadet haben. Seine Verteidigung fordert Freispruch – und auch er selbst äußert sich sehr ausführlich.

 07.03.2025

Hamburg

Wähler lassen AfD rechts liegen, Zeichen stehen auf Rot-Grün

In Hamburg hat Bürgermeister Tschentscher (SPD) weiterhin den Hut auf. Die AfD gewinnt Stimmen hinzu, bleibt aber vergleichsweise schwach

von Markus Klemm, Martin Fischer  03.03.2025

Israel

Tausende Israelis demonstrieren für die Freilassung der Geiseln

Die erste Phase der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas endet ohne eine Vereinbarung über eine Fortsetzung

 02.03.2025

Berlin

Geräuschlose Premiere: Schwarz-Rot sondiert still und leise

Möglichst bis Ostern soll die neue Bundesregierung stehen. Kein Selbstläufer, denn im Wahlkampf gab es viele Verletzungen. Wie problematisch diese sind, zeigt eine Umfrage in der SPD

von Marco Hadem  28.02.2025

Berlin

Entscheidung über Samidoun-Verbot dieses Jahr

Der Verein Samidoun, das Islamische Zentrum Hamburg, »Compact« - das Bundesinnenministerium hatte zuletzt eine Reihe von Vereinsverboten erlassen. Über einige wird demnächst entschieden

 26.02.2025