»Flagge zeigen«
Günther Beckstein über eine Kundgebung gegen Irans Präsident
Herr Beckstein, in Nürnberg treten am Sonntag die WM-Mannschaften von Iran und Mexiko gegeneinander an. Die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg hat aus diesem Anlaß zu einer Demonstration gegen Irans Präsidenten Ahmadinedschad aufgerufen, an der Sie teilnehmen wollen. Ist es nicht ungewöhnlich, daß ein bayerischer Innenminister mit an der Spitze einer solchen Kundgebung steht?
beckstein: Es ist in der Tat ungewöhnlich. Aber weil der iranische Präsident in unerträglicher Weise den Holocaust leugnet und Israel vernichten will, ist es notwendig, daß auch ein deutscher Politiker Flagge zeigt.
Sie haben den iranischen Präsidenten als unerwünschten Gast in Deutschland bezeichnet. Was wird passieren, wenn er dennoch anreist?
beckstein: Falls die Bundesregierung, weil sie eine Verpflichtung der FIFA gegenüber eingegangen ist, ihm ein Visum erteilen sollte, dann wird er selbstverständlich in Deutschland von uns so geschützt, daß ihm keine Gefahren drohen. Das klingt zunächst paradox, aber die Polizei hat ja nicht ganz selten auch die Aufgabe, Demonstrationen von Rechtsextremisten zu schützen.
Werden sich Neonazis während der WM mit Ahmadinedschad solidarisieren?
beckstein: Es gibt mehrere geplante Versuche von NPD und Neonazis, am Rande der Fußball-WM zu demonstrieren. Die Behörden sind aufgefordert, von Verbotsmöglichkeiten Gebrauch zu machen.
Michel Friedman bezeichnet Ahmadined-schad als »verbalen Hitler«. Und Sie?
beckstein: Friedman kann das leichter tun, weil er selbst Jude ist und damit für die sprechen kann, die in so unermeßlicher Weise unter Hitler gelitten haben. Ich selbst bin mit allen derartigen Vergleichen extrem zurückhaltend. Das, was Hitler verbrochen hat, war in der Geschichte etwas völlig Singuläres. Ich kann verstehen, wenn Friedman sagt: Da ist wieder jemand, der die Juden auslöschen will. Aber von mir werden Sie einen derartigen Vergleich nicht hören.
Glauben Sie, daß Ahmadinedschad tatsächlich zur WM kommt?
beckstein: Wir haben bisher keine Hinweise darauf. Ich gehe deswegen davon aus, daß er nicht kommt. Er wird sicher auch wissen, daß er in Deutschland nicht mit Jubelstürmen, sondern mit sehr, sehr viel Kritik und bewußten Äußerungen der Ablehnung empfangen würde.
Das Gespräch führte Ayala Goldmann.