sportfest

Fighten, fechten, flirten

Einige der Mädchen reiben sich noch den Schlaf aus den Augen. Müde sehen sie aus, an diesem Montagmorgen um zehn. »Wir haben gestern ein bisschen gefeiert«, flüstert eine hübsche Scharon auf Hebräisch mit starkem amerikanischen Akzent und zwinkert verschwörerisch. Dennoch sind sie alle zum Fototermin gekommen. In ihren Kricketanzügen mit den weißen Kniestrümpfen samt USA-Stickerei stehen sie in Reih und Glied im Makkabi-Dorf in Ramat Gan, lächeln in die Kamera und sagen »Cheese« fürs Mannschaftsfoto. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Drei Tage noch, dann wird die 18. Makkabiade in Israel offiziell eröffnet. Vom 12. bis zum 23. Juli wird geschwommen, gerannt, gerungen und gekämpft, was Lungen und Muskeln der jungen Athleten hergeben.

cool Die weißen Fahnen mit dem bunten Logo wehen schon lange überall an den Ortseingängen, ob Haifa, Herzlija oder Tel Aviv, im warmen Sommerwind, und heißen die Teilnehmer willkommen. Viele Delegationen aus den 64 Ländern der Erde sind bereits im Heiligen Land eingetrudelt, im Gepäck haben sie die Flaggen ihrer Heimatländer sowie die weiß-blaue mit dem Davidstern. Mit beiden wollen sie wedeln, was das Zeug hält, wenn ihre Teams am Start sind. Wie Jeff Levy, der mit den US-Amerikanern hier ist. Er sitzt neben dem Frühstücksraum an einem der zig Computer, um den Daheimgebliebenen per E-Mail seine ersten Eindrücke von der großen Reise mitzuteilen. »Es ist der Wahnsinn«, schwärmt der 20-Jährige. »Ich bin erst drei Tage hier und schon völlig begeistert von dem, was ich alles gesehen habe.« Täglich schreibt er seiner Familie detailliert über alle Erlebnisse. Die Altstadt von Jerusalem hat ihn völlig umgehauen, und sei »so viel cooler als alles, was ich darüber je gehört habe«.

bridge Die Zahl 18 steht in der Gematria für das hebräische Wort Chai – Leben. Daran, dass die Makkabiade lebt, glauben nicht nur die Teilnehmer. Die Israelis sind unbändig stolz auf ihr Sportfest, das sich mit 5.300 Athleten aus dem Ausland und mehr als 2.000 Einheimischen nach den Olympischen Spielen und der Universiade zum, wie die Organisatoren ausgerechnet haben, drittgrößten weltweit gemausert hat. In 29 verschiedenen Sportarten, darunter Basketball, Schwimmen, Tennis, Kricket, Bowling, Ringen, Schach und sogar Bridge wird es Wettkämpfe geben. Die größte ausländische Delegation mit mehr als 1.100 Sportlern aus den USA ist bereits angereist, auch dabei der dreifache Olympiasieger im Schwimmen, Jason Lezak, der für das jüdische Fest sogar die Weltmeisterschaften ausfallen lässt. Zum ersten Mal werden die wichtigsten Wettkämpfe auch außerhalb Israels im Fernsehen übertragen.

verabredung Feiern ist hier eindeutig erwünscht. So sind die Partys das Highlight einer jeden Makkabiade, denn sie gelten als willkommene Datingszene für Juden aus der ganzen Welt. Hier trifft Stacy aus New York auf Fabio aus Argentinien und David aus Sydney auf Ilana aus Zürich. Nicht selten ist unter dem Sternenhimmel Israels schon die Liebe fürs Leben gefunden worden.
»Es geht ja nicht nur um den Sport allein, sondern auch um Zionismus und unser gemeinsames jüdisches Erbe«, erläutert Yaron Michaeli, Leiter der Marketingabteilung im Makkabi-Dorf. Jeder Teilnehmer könne an so vielen Ausflügen teil- nehmen, wie er möchte. Dafür sind die Organisatoren gerüstet: Derzeit werden 100.000 Lunchpakete vorbereitet, »prall gefüllt mit frischen Früchten aus dem Heiligen Land, Sandwichs und etwas für den süßen Appetit«, so Michaeli. Viel trinken ist wichtig – ganz besonders bei sportlicher Betätigung, 1,5 Millionen Flaschen Mineralwasser stehen daher für die durstigen Kehlen der über 7.000 Teilnehmer bereit. Selbst wenn tatsächlich einmal irgendwo der Wurm drin sein sollte, verspricht eine Notrufnummer, die »vom Schnürsenkel bis zum Helikopter alles besorgt« auf Hebräisch, Englisch, Spanisch, Russisch, Französisch und Deutsch 24 Stunden hilfreich zur Seite zu stehen.

wirtschaftsfaktor Bis zum Anpfiff der Wettkämpfe tummeln sich die Sportler, wenn sie nicht gerade zum Training im Schwimmbad, auf dem Rasen oder der Laufbahn sind, in kleinen Grüppchen am Strand von Tel Aviv, kaufen Unmengen von Souvenirs und scheinen gar nicht genug vom Nachtleben der Metropole bekommen zu können. Natürlich soll Spaß bei einem Sportfest an oberster Stelle stehen, doch auch die Kassen dürfen dabei gern klingeln. Mehr als 13.000 Touristen kommen allein für die Makkabiade, weiß Michaeli, denn so viele Gäste aus dem Ausland hätten Karten für die Eröffnungsfeier bestellt, viele sind Angehörige der Teilnehmer, die ihre Kinder siegen sehen wollen. Der Marketing-Mann freut sich: »Allein die Hotelübernachtungen bringen etwa 20 Millionen Dollar ins Land. In diesen wirtschaftlich schweren Zeiten ist das wunderbar. Wir hoffen, die Besucher geben noch viel, viel mehr aus.« Es soll nicht nur das Fest der Superlative werden, sondern auch das der Neuerungen: Zum ersten Mal wird besonderes Augenmerk auf »das goldene Alter« gelegt. So sollen vermehrt altersgerechte Sportarten angeboten werden. Außerdem werden neun Rentner gemeinsam mit neun Jugendlichen die Israelfahne bei der Eröffnungsfeier tragen.

breitensport Auch die Öffentlichkeit ist eingeladen, sich gemeinsam mit den Makkabianern sportlich zu betätigen. In den Strandstädten Naharija, Netanja, Herzlija, Aschdod und Aschkelon werden simultan Ballspiele und Aerobic im Sand veranstaltet, in und um Tel Aviv treten mehr als 7.000 Menschen bei einer Mega-Radtour in die Pedale, und in Netanja sollen Frauen und Männer beim Halbmarathon schwitzen. Die Veranstaltung, auf die sich Triathlet Lior Zborover am meisten freut, ist der Triathlon rund um den See Genezareth. »Endlich werden wir mit einbezogen. Es ist klasse, dass so viele jüdische Sportler aus der ganzen Welt zu uns kommen. Auf diese Art können wir sie kennenlernen. Ich fahre auf jeden Fall mit meiner Familie an den See Genezareth und messe mich mit den Jungs und Mädchen. Mal sehen, wer von uns besser ist.« Sabine Brandes

Kultur

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