von Harald Neuber
Für den Bildhauer Yuri Matskin ist es nicht viel mehr als ein Auftrag. Doch könnte seine nächste Arbeit bleibende politische Spuren hinterlassen. Im Oktober wird der gebürtige Ukrainer in Havanna seine neue Skulptur einweihen. Die bronzene, zweieinhalb Meter hohe Menora soll im Zentrum der kubanischen Hauptstadt fortan an die ermordeten Juden erinnern. Wie die spanische Nachrichtenagentur EFE Mitte Juni berichtete, werden bei der Feier hochrangige kubanische Politiker und Vertreter des öffentlichen und religiösen Lebens in Israel anwesend sein. Neben Fidel Castro hat Israel Lau, Oberrabbiner von Tel Aviv, sein Kommen zugesagt. Lau wird das Zitat aus der Tora wählen, das in das Denkmal eingraviert wird.
»Für mich ist es einer von vielen Terminen in diesem Jahr«, sagt der Bildhauer im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Maskin, der sich zurzeit in Finnland aufhält, erklärte telefonisch, wie er zu dem Auftrag kam. Im Grunde sei schon alles festgelegt gewesen als er im vergangenen Jahr angesprochen wurde, sagt der 55jährige – die Art der Skulptur, das Material. »Schon im letzten Oktober habe ich ein Modell der Menora in meinem Atelier in Israel angefertigt«. Die Auftraggeber seien einverstanden gewesen und der Bronzeguß wurde angefertigt. »Demnächst wird das Stück in einem Container nach Kuba verschifft«, erklärt Matskin, der selber noch nie auf der Karibikinsel war.
Was für den Künstler nicht mehr als eine Dienstreise zu werden verspricht, wird an anderer Stelle hoch bewertet. Zum ersten Mal seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Kuba und Israel kommen hochrangige Vertreter beider Seiten zusammen. Havanna hatte 1973, kurz vor Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges, die Kontakte zum israelischen Staat gekappt. Der Schritt wurde damals von Fidel Castro auf der Konferenz der Bewegung der Blockfreien Staaten in Libyen bekanntgegeben.
In den vergangenen Jahren habe Kuba »verschiedene Versuche der Annäherung« an Israel unternommen, berichtete EFE. Daß diese Anläufe jedoch ohne Erfolg blieben, sei auf den Druck der USA zurückzuführen, mutmaßt die spanische Nachrichtenagentur. Immerhin erhält Washington seit über vier Jahrzehnten seine Blockade gegen Kuba aufrecht. Jüngst wurden die Maßnahmen gegen die sozialistische Regierung sogar noch einmal verschärft.
Trotzdem fand eine Annäherung statt. Ungeachtet der politischen Differenzen zwischen den Regierungen beider Staaten sorgte Fidel Castro Mitte der neunziger Jahre für Schlagzeilen, als er an einer Feier im Gemeindehaus Beth Schalom in Stadtteil Vedado von Havanna teilnahm. Seitdem sich der kubanische Staat den Religionsgemeinschaften auf der Insel öff-
nete, wuchsen die Beziehungen auch auf anderen Ebenen. Den im Frühjahr verstorbenen Präsidenten der jüdischen Gemeinde von Havanna, José Miller, und den Stadthistoriker Eusebio Leal verband eine enge Freundschaft. Leal war es auch, der im Rahmen der Restaurierung des historischen Kerns von Havanna den Anstoß für die Errichtung der Skulptur gab. Im Herzen des kolonialen Havannas wird damit auch an José Miller erinnert.
Daß die Nachricht von dem Denkmal für die ermordeten Juden von Rafi Eitan, dem Vorsitzender der Israelischen Rentner-Partei bekanntgegeben wurde, hat einen guten Grund. Fernab der politischen Sphäre hat Eitan, der auf ein bewegtes Leben in Israel zurückblickt, seit Beginn der neunziger Jahre in Kuba wirtschaftlich investiert. Inzwischen steht der 79jährige ehemalige Mossad-Chef der Agrargesellschaft GBM vor, die in Kuba unter dem Namen Reesimex 40.000 Hektar Zitrusplantagen bewirtschaftet. Für seine Ver-
dienste in diesem Bereich, dazu zählt vor allem Import und Betreuung von Sprinkleranlagen, wurde Eitan mehrfach geehrt. Eitans Firma ist durch Neubauten und Renovierung an gut einem Dutzend Gebäuden in der kubanischen Hauptstadt beteiligt.
So könnte wahr werden, was der Künstler Maskin als Beobachter der Politik anmerkt. »Die Kunst«, sagt er, »schafft andere Beziehungen, mitunter stärker als die politischen.« Gleiches dürfte mehr noch auf die wirtschaftlichen Bande zwischen Kuba und Israel zutreffen.