von Katrin Richter
Sie wird einziehen, und zwar in alle zehn Kreistage: die NPD. Bei den sächsischen Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag hat die rechtsextreme Partei durchschnittlich 5,1 Prozent der 3.124.488 abgegebenen gültigen Stimmen erhalten. Die Wahlbeteiligung lag mit 45,8 Prozent weit unter der letzten Landtagswahl im Jahr 2004 – dem Jahr, in dem die NPD mit 9,1 Prozent der Stimmen in den sächsischen Landtag einzog. Das Ergebnis hat sich in den letzten vier Jahren also um fast die Hälfte verringert. Trotzdem werden demnächst in jedem sächsischen Kreistag mindestens zwei NPD-Mitglieder sitzen und das für die nächsten fünf Jahre.
Hat sich in Sachsen eine beständige braune Basis gebildet, oder sind die 5,1 Prozent als Protest oder Aufschrei zu bewerten? Der Politikwissenschaftler Peter Lösche sieht in dem Ergebnis vor allem »eine Aufforderung an alle Demokraten, an die Graswurzeln zu gehen und zu verhindern, dass sich die NPD in der Nachbarschaft festsetzt«. Das gelte für alle Bundesländer. Lösche betont aber auch, dass man das Ergebnis im Vergleich zur Landtagswahl 2004 sehen sollte. So argumentiert auch Eckhard Jesse. Der Politologe der TU Chemnitz sagte der Jüdischen Allgemeinen, dass diese 5,1 Prozent nicht das sind, was die NPD erwartet habe. »Sie hat fast die Hälfte der Stimmen verloren. Das sieht nicht gut aus für die Partei. Sie hat ihren Höhepunkt überschritten.« Er geht davon aus, dass viele Wähler den anderen Parteien einen Denkzettel verpassen wollten. Trotzdem warnt Jesse auch vor der Annahme, durch das schlechte Wahlergebnis der NPD sei »die Gefahr gebannt«. Für den Politologen der TU Dresden Werner Josef Patzelt ist die Situation klar: »Die NPD hat sich ein bestimmtes Stammwählerpotenzial erobert.« Sie habe Themen wie soziale Gerechtigkeit und Globalisierungskritik von den Linken übernommen und somit Aufwind erhalten. Allerdings weist auch er auf den Stimmenverlust seit 2004 hin. »Wir sind auf einem guten Weg, die NPD kleinzubekommen.«
Bei einem Thema sind sich alle drei Wissenschaftler einig. Ein NPD-Verbot wäre zum jetzigen Zeitpunkt ungünstig. »Es wäre ein falscher Weg, wenn man die Verantwortung für ein Verbot an den Staat abgeben würde«, sagt Patzelt. Mehr Engagement gegen Rechtsradikalismus müsse auch aus der Bevölkerung kommen.