Kulturförderung an eine Antisemitismus-Klausel zu koppeln, kollidiert nach Ansicht des Historikers Meron Mendel mit der vom Grundgesetz geschützten Kunstfreiheit. »Ich finde den Versuch generell schwierig, Kulturförderung an moralische Vorgaben zu knüpfen. Unabhängig davon, ob man Künstler damit zwingen will, gendergerechte Sprache zu verwenden, Rassismus zu bekämpfen oder Antisemitismus abzulehnen«, sagte der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt/Main der »Sächsischen Zeitung« (Dienstag). In Berlin wurde zu Jahresbeginn solch eine Klausel eingeführt; dagegen regt sich Widerstand.
Mendel zufolge nützen derartige Sanktionen in der Regel den Falschen: »Diejenigen, die sanktioniert werden, verschanzen sich in der Opferrolle und werden oftmals auch als solche gefeiert«, sagte er. »Natürlich hat die Kunstfreiheit ihre Grenze, nämlich wo der Strafbestand der Volksverhetzung vorliegt. Aber auch erst da und nicht im Vorfeld mit vielleicht gut gemeinten, aber dennoch fragwürdigen Gründen.«
Mendel verwies auf ein Gutachten des Juristen Christoph Möllers im Nachgang zu den antisemitischen Darstellungen auf der jüngsten Documenta in Kassel. Er lege dar, dass die Sanktionierung von Kunst und Kultur durch politische Instanzen rechtlich nicht zulässig sei.
Mendel empfiehlt: »Die Kunstwelt selber sollte den moralischen Kompass und die Qualitätsstandards entwickeln, und auf dieser Grundlage entscheiden können, was sie zeigen wollen und was nicht. Das soll aber nicht von der Politik geregelt werden, sondern in der Kunstwelt verhandelt werden.« Er meine damit nicht nur die Kulturinstitutionen, sondern auch das Publikum, die Presse und die Künstler selbst. kna