Libanon

Es wird ein Schiff kommen

Es wird ein Schiff kommen
Libanon: Wie effektiv ist die UNO-Schutztruppe?

Der Einsatz des Sonderkommandos begann kurz vor Mitternacht, 180 Kilometer von der israelischen Küste entfernt. Zwei israelische Schnellboote nahmen den deutschen Frachter »Francop« in ihre Mitte und kündigten an, dass Soldaten an Bord kämen, um die Ladung zu untersuchen. Die war zwar als zivile Fracht getarnt, entpuppte sich aber als 36 Container mit rund 300 Tonnen Waffen und Munition. Laut Mossad ein Geschenk der iranischen Revolutionswächter an die Hisbollah. Die Waffen hätten ausgereicht, um einen Monat lang Krieg gegen Israel zu führen, schätzte ein israelischer Offizier.
Der Fund kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass eines der wichtigsten Ziele, die Israel 2006 im Krieg verfolgte, nicht erreicht wurde. Die Hisbollah hat wieder aufgerüstet – der Weltsicherheitsratresolution 1701 zum Trotz. Die hatte nämlich die Entwaffnung aller Milizen im Libanon gefordert. Stattdessen verfügt die Hisbollah laut israelischen Schätzungen heute bereits wieder über mehr als 40.000 Raketen. Die UNO-Friedenstruppe im Libanon UNIFIL II soll dies eigentlich verhindern. Sieben Schiffe mit 1.300 Matrosen kreuzen vor der libanesischen Küste, um Beirut dabei zu helfen, den Waffenschmuggel zu unterbinden. Stolz verkündet die Webseite der Truppe, dass bereits mehr als 22.000 Schiffe untersucht wurden, 240 Mal machten die Friedenshüter die libanesischen Behörden auf verdächtige Schiffe aufmerksam. Waffen wurden dabei bisher nie ge- funden. Ein hochrangiger israelischer Offizier erklärte der Jüdischen Allgemeinen: »Die UNIFIL war in Sachen ›Francop‹ ständig im Bild. Trotzdem übernehmen wir solche komplexen Aktionen lieber selbst.«
Ungeachtet des großen Funds auf dem Schiff führt die wichtigste Nachschubroute über Land. Waffen werden aus dem Iran entweder nach Syrien geflogen oder kommen auf der Schiene über die Türkei. Von Damaskus werden sie in den Libanon geschmuggelt. Um den Auftrag der UNO zu erfüllen, den Südlibanon in eine »waffenfreie Zone« zu verwandeln, müsste die UNIFIL die libanesisch-syrische Grenze überwachen, doch dafür erhielt sie kein Mandat. Den mehr als 11.000 Soldaten, die südlich des Litani stationiert sind, ist es laut israelischem Geheimdienst nicht gelungen, den Waffenschmuggel zu unterbinden. Zwar kontrollieren sie das Grenzgebiet. Dafür sei die Hisbollah auf andere Gebiete ausgewichen. Sie errichtete ein Bunker- und Raketensystem nördlich des Litani, außerhalb des Einsatzgebiets der UNIFIL. Darüber hinaus habe sie die UNO aus den schiitischen Dörfern im Süden vertrieben. Zwei mysteriöse Explosionen, die sich in den vergangenen Monaten ereigneten, stützen die israelische Version. Aufnahmen von Aufklärungsdrohnen, die die Dörfer kurz nach den Explosionen überflogen, zeigen Männer, die, laut israelischer Deutung, eiligst Raketen abtransportieren. Beobachter der UNIFIL wurden erst eingelassen, als alle Spuren beseitigt waren.
Die Nordgrenze Israels ist seit drei Jahren so ruhig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Optimisten führen das auf die Vermittlerrolle der UNO zwischen Israel, der libanesischen Regierung und der Hisbollah zurück. Pessimisten hingegen warnen vor einem gefährlichen Trugschluss. Die Hisbollah sei nur so lange ruhig, wie Israels Abschreckung wirksam sei und Teheran nicht den Befehl zum Angriff gebe. Dann, so israelische Hardliner, könnte aus der Friedenstruppe schnell ein menschliches Schutzschild werden, dass die Hisbollah missbraucht, um sich gegen israelische Vergeltungsangriffe zu sichern. Gil Yaron

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