Rabbiner

»Es scheitert oft am Geld«

Herr Kalmanowicz, einige Rabbiner und der Kantor, die am 18. Juni als Absolventen des Abraham Geiger Kollegs in Berlin ordiniert werden, kehren Deutschland den Rücken. Warum sind sie nicht zu halten (vgl. S. 9)?
Weil sie offensichtlich schon eine andere Le-
bensplanung hatten und auch nicht alle eine Anstellung hier finden. Wenn sich zum Beispiel der junge Kantor Juval Porat erst einmal in Richtung Los Angeles orientiert, ist das kein Wunder. Die liberalen Gemeinden sind in Deutschland zwar gut organisiert, aber ich bezweifele, dass sie sich eigene Kantoren leis-
ten könnten. Hier ist das liberale Judentum eine Minderheit, in den USA hingegen in der Mehrheit. Dort werden gut ausgebildete Kantoren und Rabbiner sofort aufgenommen.

Es gibt hierzulande zu viele Kantoren und Rabbiner für zu wenige und zu kleine Gemeinden?
Man muss doch die Realität betrachten: Die gesamte liberale Gemeinschaft in Deutschland hat zur Zeit vielleicht 3.000 Mitglieder, die größten Gemeinden zählen ein paar Hundert. Auch wenn diese sich einen Kantor für den Gottesdienst wünschen oder Bedarf an rabbinischer Betreuung haben, scheitert es einfach am Geld. Eine Möglichkeit wäre, dass sich mehrere Gemeinden einen Kantor oder Rabbiner teilen.

Könnten sich nicht größere Einheitsgemeinden, wie die in Berlin, mehr liberales Kultuspersonal leisten?
Ja, aber ich kenne die Kultuspolitik der Berliner Gemeinde nicht. In welchen großen Städten haben wir denn große liberale Gemeinden – außer in Berlin? Da wüsste ich keine.

Die Absolventen des Rabbinerseminars zu Berlin haben ihre Smicha vor zwei Wochen erhalten und hatten schon Verträge mit Köln und Leipzig in der Tasche. Was läuft im orthodoxen Bereich anders?
Ich würde nicht allgemein vom orthodoxen Bereich, sondern von der Lauder-Stiftung re-
den, die eine exzellente Arbeit leistet. Sie bildet Rabbinerstudenten aus, die in Deutschland aufgewachsen – zumindest einen Teil ihres Lebens hier verbracht haben – und familiär hier verwurzelt sind. Zudem sind die or-
thodoxen Gemeinden um ein Vielfaches größer, der Bedarf an Rabbinern und Kantoren entsprechend höher. Ein liberaler Kantor kann und will eben auch nur in einer liberalen Synagoge singen.

Das klingt nicht gerade optimistisch.
Dieser Eindruck ist falsch. Im Moment ist es so, dass sich die Mehrzahl der russischsprachigen Zuwanderer eher orthodox orientiert. Während sich vielleicht 97 Prozent dieser Ge-
meindemitglieder einen orthodoxen Gottesdienst wünschen, leben wahrscheinlich nur drei Prozent von ihnen ein wirklich orthodoxes Leben. In Zukunft werden sich viele eher liberal orientieren und die so ausgerichteten Gemeinden entsprechend mehr Zulauf erhalten. Daher ist es für die Zukunft wichtig und richtig, dass das Abraham Geiger Kolleg seine ausgezeichnete Ausbildung fortsetzt.

Düsseldorf

Igor Levit: Bin noch nicht fertig mit diesem Land

Am Klavier ist er ein Ausnahmekönner, in politischen Debatten meldet er sich immer wieder zu Wort. 2020 erhielt der jüdische Künstler das Bundesverdienstkreuz - das er nun nach eigenen Worten fast zurückgegeben hätte

 03.02.2025

Berlin

Kreise: Union will Gesetz doch zur Abstimmung stellen

Hinter verschlossenen Türen wurde in den Unionsparteien viel über das »Zustrombegrenzungsgesetz« gesprochen. Nun gibt es laut Teilnehmern eine Entscheidung

 31.01.2025

Kommentar

Der stumme Schrei der Arbel Yehoud

Die Israelin wurde am Donnerstag von den Hamas-Terroristen endlich freigelassen. Die junge Frau muss unvorstellbare Qualen ausgestanden haben

von Nicole Dreyfus  31.01.2025

Österreich

»Gegen Antisemitismus und Antizionismus aufstehen«

Der Bundeskanzler, dessen ÖVP Koalitionsgespräche mit der rechtsextremen FPÖ führt, sagt, weder Hass noch Ausgrenzung dürfe Platz geboten werden

 27.01.2025

Irland

Eklat mit Ansage beim Holocaust-Gedenken

Nach seinem Exkurs zum Gaza-Krieg bei der Gedenkfeier in Dublin hagelt es scharfe Kritik am irischen Staatspräsidenten

von Michael Thaidigsmann  27.01.2025

Berlin

Scholz zu Auschwitz-Gedenken: Müssen Erinnerung hochhalten

Am 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Vernichtungslagers wird der Opfer des NS-Terrors gedacht. Viele Zeitzeugen sind mittlerweile gestorben

 27.01.2025

Gedenken

Mehr Menschen sollen sich Auschwitz anschauen

Wer einmal dort war, stelle sich die Frage, warum die Erinnerung wachgehalten werden muss, nicht, so Zentralratspräsident Schuster

 26.01.2025

Geisel-Abkommen

Scholz: Es müssen weitere Geiseln freikommen

Noch immer sind auch deutsche Staatsbürger in der Gewalt der Hamas

 25.01.2025

Thüringen

Buchenwald-Komitee droht mit Boykott von Gedenkfeiern

Die mögliche Wahl des AfD-Abgeordneten Jörg Prophet zum Vizepräsidenten des Landtags sorgt für Zündstoff. Zuletzt signalisierte die CDU von Ministerpräsident Mario Voigt Gesprächsbereitschaft gegenüber der AfD

 24.01.2025