von Elke Wittich
Ein bisschen aufgeregter als sonst laufen die Spieler des TuS Makkabi Berlin an diesem Sonntagmorgen zu ihrem Match auf. Nicht etwa, weil es im Match gegen den Berliner SC um besonders viel ginge, sondern weil sie eine kleine Demo auf dem Rasen geplant haben. Ein schwarzer Mitspieler war in der Woche zuvor von einem Kicker des BFC Victoria 1889 als »Scheiß-Neger« beschimpft worden. Der Schiedsrichter, an den man sich hilfesuchend gewandt hatte, hatte nicht etwa den Beleidi- ger, sondern Makkabi-Spieler und -Fans mit Gelben Karten und Platzverweisen bestraft und sich geweigert, den Vorfall in den Spielbericht einzutragen. Nun möchte man vor dem Anpfiff ein rund fünf Meter langes Transparent mit dem Slogan »Menschenrechte gelten: auch im Fußball!?« entrollen.
»Kein Problem, wir haben alle Zeit der Welt«, sagt Schiedsrichter Alexander Molzahn gelassen. Er findet die Protestaktion »äußerst positiv und nachahmenswert«. Auch die gegnerische Mannschaft sieht die Mini-Demo mit Wohlwollen. »Die Aktion ist gut, daran würden wir uns beteiligen«, sagt der Kapitän des Berliner SC. Nachdem das Transparent unter dem Beifall aller Anwesenden ent- und wieder zusammengerollt wurde, beginnt ein ganz normales Verbandsligaspiel.
»Es reicht«, hatte Makkabi-Torwart Christoph Möller vor dem Anpfiff über die verbalen Angriffe gesagt. »Wir kontern am besten mit Siegen, denn es tut gut, sich den Frust von der Seele zu schießen.«
So ganz gelingt das an diesem Tag nicht, mit 0:2 wird Makkabi das Match verlieren. Der Aufstieg in die Verbandsliga bleibt trotzdem langfristig das Ziel. Angst, dass die schon alltäglichen Angriffe dazu führen könnten, dass niemand mehr bei Makkabi spielen möchte, hat der Vereinsvorstand nicht. Die meisten Kicker – nur drei sind Juden – schätzen die herzliche, offene Atmosphäre im Klub. Und ob er nun als Scheiß-Jude oder als Scheiß-Türke beschimpft werde, mache keinen Unterschied, Beleidigung sei Beleidigung, zitiert Präsident Tuvia Schlesinger einen türkischstämmigen Makkabi-Kicker. Nazipöbeleien sind auch für andere Berliner Klubs ein Problem, schließlich spielen bei den meisten Vereinen Kicker aus verschiedenen Nationen.
Mit den Beleidigungen will man sich bei Makkabi allerdings nicht länger abfinden. Zum Fußball gehörten frotzelige Bemerkungen dazu, die Würde des Menschen habe allerdings auch in den Stadien zu gelten, sagen die Männer vom Vorstand. Entsprechend hat man sich dazu entschlossen, gegen rassistische und antisemitische Vorfälle vorzugehen und jedesmal offiziell Beschwerde beim Fußballverband einzulegen.
Mit Polizeipräsenz können zwar vielleicht Nazisprüche von Zuschauern unterbunden werden, »Beleidigungen durch gegnerische Spieler bekommt man dadurch nicht in den Griff«, stellt Isaak Lat vom Makkabi-Vorstand fest. Besteht nicht die Gefahr, schlafende Hunde zu wecken, sodass Nazis durch die Schlagzeilen erst auf die Idee kommen, Auswärtsspiele von Makkabi als Bühne für ihre Parolen zu nutzen? »Die Hunde sind doch schon wach«, sagt Lat, »Nazis existieren, und das nicht erst seit gestern.«