von Daniela Breitbart
Am 1. Juli fiel der Startschuss. In allen neuen Bundesländern sowie in Bayern und Niedersachsen haben die vom Bundesfamilienministerium geplanten Kriseninterventionsteams gegen Rechtsextremismus ihre Arbeit aufgenommen: Expertenteams, die im Rahmen des Bundesprogramms »Förderung von Beratungsnetzwerken – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus« »anlassbezogen« helfen und beraten sollen. Fünf Millionen Euro steckt die Bundesregierung in das Beraterprogramm, das von Fachleuten heftig kritisiert worden war (vgl. Jüdische Allgemeine vom 1. März 2007): Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt fürchteten um ihre Existenz, Wissenschaftler warnten vor einem Rückschlag im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit. Das Ministerium besserte nach – so dürfen die Expertenteams beispielsweise statt geplanter drei nun sechs Monate an einem Ort tätig sein. Doch ist es damit getan?
Wolfgang Nossen, Vorsitzender der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen (Mobit) ist skeptisch. Zwar sei die Finanzierung von Mobit für dieses Jahr gesichert, doch versuche man, »uns zu beschwichtigen«. Das Ministerium sei der Auffassung, »mit ein paar Aspirintabletten sei der Spuk vorbei – doch der Kampf gegen Rechtsextremismus ist ein Job auf Lebenszeit«, mahnt Nossen. Er ist besonders beunruhigt über den wachsenden Einfluss der NPD. »Ich vermisse Zivilcourage bei den führenden Köpfen.« Auch die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Die Grünen) hält an ihrer ursprünglichen Kritik fest. Zu »staatstragend« sei das Programm, und zu bürokratisch: »Womöglich braucht jetzt jede Beratungsstelle vor jeder Beratung einen offiziellen Auftrag vom Landesministerium«, befürchtet sie. Dennoch zieht sie ein versöhnliches Fazit: »Es ist zwar nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe, aber es ist besser als nichts.«
Uwe Schubert, Berater bei Mobit, hat größere Zweifel am Erfolg des Regierungsprogramms. »Die Beratungsarbeit ist eine langfristige und vertrauensvolle Aufgabe, der Begriff ›Krisenintervention‹ ist inhaltlicher Unfug und konterkariert die Erfahrungen, die wir beispielsweise mit dem Civitas-Programm gemacht haben«, erklärt Schu- bert. Existenzsorgen hat der Berater allerdings (noch) nicht: »Wenn man es ernst nehmen würde, hätte das Auswirkungen auf unsere Arbeit – aber wir müssen die Umsetzung abwarten und sind guter Dinge, dass man uns so weitermachen lässt.«
Eine Hoffnung, die nicht unbegründet scheint, wenn man Hanno Schäfer, einem Sprecher des Bundesfamilienministeriums, Glauben schenkt. Das Programm sei »nichts Neues«, erklärt Schäfer, alle Projekte, neue wie alte, würden lediglich daraufhin geprüft, ob sie formal und inhaltlich geeignet seien. »Bei denen, die schon lange im Geschäft sind, ist das kein Problem«, sagt Schäfer. »Sie werden in das neue Programm eingebunden.« Im Übrigen sei es Sache der Länder, die Konzepte zu erstellen, die dann vom Bund geprüft würden. »Der Bund darf nur in Ausnahmefällen langfristig Fördermittel zur Verfügung stellen.« Ziel sei, »ein bundesweites Netz zu knüpfen, das auf Teams in den Regionen beruht«, so der Sprecher. Im August schließt sich Hessen dem Programm an, im September folgen Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die übrigen Länder ziehen 2008 nach.