Erwachsen auf Probe

»Es geht um Grundwerte«

Herr Rabbiner, der Privatsender RTL hat in der vergangenen Woche mit der Ausstrahlung der umstrittenen Doku-Soap »Er-
wachsen auf Probe« begonnen. Haben Sie die Sendung gesehen?
Gesehen habe ich sie nicht, aber davon gehört und darüber gelesen.

Politiker und Organisationen haben RTL in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert, die Sendung nicht auszustrahlen. Was ist Ihre Meinung zu diesem TV-Format, bei dem Jugendliche mit Kleinstkindern das Elternsein üben sollen?
Ich habe dabei gemischte Gefühle. Auf der einen Seite soll Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden, zu erfahren, wie es ist, als Eltern Verantwortung für so ein kleines Geschöpf zu übernehmen. Das ist ein guter Ansatz. Auf der anderen Seite hat das alles nichts mit Realität zu tun. In einer solchen Sendung kann doch gar nicht wirklich elterliche Verantwortung übertragen werden. Oberflächlich gesehen versucht also das Fernsehen, eine erzieherische Funktion wahrnehmen. Andererseits will man sich ins Gespräch bringen, Marktanteile sichern – und verfehlt dabei die erzieherischen As-
pekte. Die Familie sollte in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert haben. Daher bin ich für einen verantwortungsvollen Umgang mit diesem Thema.

Geht RTL damit einen Schritt zu weit?
Ich denke, dass man Richtwerte haben sollte, um die Menschen und die Werte der Gesellschaft zu schützen. Man darf den Dingen nicht freien Lauf lassen. Auch nicht im Fernsehen.

Sind solche TV-Sendungen auch schon mal Thema in Ihrer Gemeinde?
Auf jeden Fall. Fernsehen sollte ein Thema sein, ohne dass man dabei gleich auf jede Sendung reagieren muss. Aber wir haben es hier mit einem überdimensionalen System zu tun, dem die Leute verhaftet sind. Darauf können wir wenig Einfluss nehmen. Sich diesem Problem zu stellen, ist eine Aufgabe der Gesellschaft. Da reicht es nicht, wenn wir als Rabbiner das Thema mal streifen und uns damit noch unbeliebt machen. Das hat we-
nig Einfluss auf das Konsumverhalten der Gemeindemitglieder.

Im Fernsehen laufen immer mehr Doku-Soaps wie »Erwachsen auf Probe«. Was sagt dieser offensichtlich zunehmende Voyeurismus über unsere Gesellschaft?
Privatfernsehen ist marktwirtschaftlich orientiert. Diese Formate bedienen niedere Instinkte der Menschen, statt sie positiv zu lenken und wahre Werte zu vermitteln, die unsere Gesellschaft aufrechterhalten sollen.

Viele gesellschaftliche Gruppen – auch die Kirchen – melden sich in solchen Diskussionen zu Wort. Wäre es nicht wünschenswert, dabei auch ab und zu eine jüdische Stimme zu vernehmen?
Auf jeden Fall. Jedoch sollte man das auch in Proportion tun, die jüdische Stimme muss nicht zu allem und jedem gehört werden. Es geht um Grundwerte der Gesellschaft und Moral. Die sollten auch von der breiten Öffentlichkeit getragen werden. Und nicht nur von einer jüdischen Minderheit, die versucht, auf sich aufmerksam zu machen.

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025

Sachsen-Anhalt

Fünf Stolpersteine in Magdeburg gestohlen

Die Tat soll sich am 1. April ereignet haben

 03.04.2025

Gastbeitrag

Vom Schweigen zum Handeln

Das Bayerische Bündnis für Toleranz ist heterogen. Doch beim Kampf gegen Antisemitismus steht es vereint

von Philipp Hildmann  03.04.2025