von Gil Yaron
In den Palästinensergebieten herrscht wieder Bürgerkrieg. Die neueste Runde begann vor anderthalb Wochen mit einer Explosion am Strand von Gasa, die fünf Hamaskämpfer tötete. Umgehend beschuldigte die Hamas Anhänger der Fatah und verhaftete und folterte im Gasastreifen über 300 Fatahmitglieder. Mehrere Tage belagerte die Hamaspolizei den Stadtteil Schadschaiyah, eine der letzten Hochburgen der Fatah im Gasastreifen, mit der Forderung, Mitglieder der mächtigen Großfamilie Hilles auszuliefern. Als die Familie der Forderung nicht nachkam, marschierte die Hamas mit massivem Truppenaufgebot ein. Dabei kamen neun Menschen ums Leben.
Nach mehreren Stunden Kampf flüchteten an die 200 Hilles nach Israel. Mehrere Menschen, darunter das Familienoberhaupt Ahmed Hilles, wurden auf dem Weg nach Israel verletzt, als die Hamas das Grenzgebiet mit Mörsern beschoss, um die Flucht zu verhindern. Die Israelis bezeichneten die Grenzöffnung als »humanitäre Maßnahme« und als Geste gegenüber dem palästinensischen Präsidenten und Fatahchef Mahmud Abbas, der sich für die Flüchtlinge beim israelischen Verteidigungsminister Ehud Barak eingesetzt hatte. Die Verletzten wurden zur Behandlung in ein israelisches Krankenhaus gebracht, hochrangige Fatahmitglieder nach Ramallah im Westjordanland überführt. Mindestens 32 Flüchtlinge wurden jedoch am Sonntag auf Drängen der Fatah, die eine Massenflucht aus Gasa verhindern will, und wegen israelischer Sicherheitsbedenken wieder in den Gasastreifen zurückgebracht. Dort sollen sie von der Hamas verhaftet worden sein. Aus humanitären Erwä- gungen schickte Israel daraufhin weitere 85 Angehörige des Hilles-Clans per Bus nach Jericho im Westjordanland, statt nach Gasa.
Mit der Zerschlagung des Hilles-Clans hat die Hamas ihren Halt in Gasa gefestigt. Die Hamas ruft die Bewohner des Westjordanlands bereits dazu auf, eine Intifada gegen die Fatah zu beginnen. Im Gegenzug wiesen die palästinensischen Sicherheitskräfte im Westjordanland rund 1.000 Hamas-Anhänger aus. Damit wurde die Zweiteilung der palästinensischen Gebiete in zwei separate politische Gemeinwesen vollends besiegelt: ein von den Islamisten mit eiserner Hand geführtes »Hamastan« in Gasa und ein wackliges »Fatahland« im Westjordanland. Zudem erwägt Abbas, bei der palästinensischen Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr nicht mehr anzutreten. Mit wem die Israelis dann noch Frieden schließen sollen, ist unklarer denn je.
(Mitarbeit: Wladimir Struminski)