Erste
Halbzeit
Zum 60. Geburtstag von
Nathan Kalmanowicz
»Bis hundertzwanzig!« Das wünschten die mehr als 140 Geburtstagsgratulanten Nathan Kalmanowicz beim sommerlichen Brunch und Barbecue. »Halbzeit«, so scherzte der Jubilar, feiere er gerade mit seinen Gästen, unter ihnen Botschafter Shimon Stein, IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und als Vertreter der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands (ORD) Rabbiner Menachem Klein aus Frankfurt am Main.
Einer allerdings wurde schmerzlich vermißt: Paul Spiegel sel. A. Nur kurz nach ihm war Kalmanowicz in den Zentralrat gekommen; nun ist er dort das »dienstälteste« Mitglied im Präsidium, dem er seit zehn Jahren angehört.
Im Vorstand der Münchner Gemeinde engagiert er sich seit mehr als 30 Jahren. Gerade 28 Jahre war er alt, als er das erste Mal in dieses Gremium gewählt wurde, in dem er sich unter anderem als Baureferent und Schuldezernent, mehrfach auch als Vizepräsident engagierte.
30 Jahre ist es her, daß der Bauingenieur eine Familie gründete. Am 11. April 1976 heiratete er seine Frau Cilly, mit der er fünf Kinder hat. Auch sie engagiert sich für die jüdische Gemeinschaft. Die Diplomsozialpsychologin führt nicht nur einen koscheren Haushalt und ein eigenes Unternehmen, seit 15 Jahren leitet sie auch die Chewra Kadischa.
Entsprechend stolz auf seine Familie dankte Kalmanowicz bei seiner kleinen Geburtstagsansprache der Frau an seiner Seite für ihr Verständnis und ihre Unterstützung.
Nathan Kalmanowicz wurde am 5. Mai 1946 als einziges Kind der Schoa-Überlebenden Hanna und Zygmunt Kalmanowicz in München geboren. Die Familie stammt aus Lodz. Nathan Kalmanowicz’ Elternhaus hat nicht nur die soziale Seite des heute 60jährigen geprägt. Sie vermittelte ihm auch eine tiefe Verwurzelung in der Jüdischkeit. Von seinem siebten Lebensjahr an lebte er acht Jahre lang mit seinen Eltern in Haifa. Dies war eine Zeit, in der, wie er immer wieder sagt, entscheidende Weichen für sein Leben gestellt wurden. Zudem lernte er damals fließend Hebräisch zu sprechen.
Religiöses Leben ist Kalmanowicz bis heute ein ganz besonderes Anliegen. Im Vorstand des European Council of Jewish Communities und als Vertreter der Misrachi-Bewegung in Deutschland – um nur zwei Institutionen zu nennen – sind ihm Vermittlung und Erhalt religiöser Werte ein Herzensanliegen. Für ihn beginnt die Arbeit dafür in Kindergarten und Schule und muß auch die Zuwanderer einbeziehen. Bei einem Aufenthalt bei der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER) in London Anfang Mai setzte er sich deshalb für die Ausbildung orthodoxer Rabbiner einschließlich der Smicha, also der Approbation, auch in Deutschland ein. Nur Kalmanowicz habe die Gabe, 40 Rabbiner ver- schiedenster Richtungen im Zentralrat auf eine gemeinsame Linie zu bringen, meinte Charlotte Knobloch in ihrer Ansprache für das Geburtstagskind.
Was wünscht sich Nathan Kalmanowicz selbst für seine »zweite Halbzeit«? Vor allem Gesundheit, damit er die »Naches« in der Familie genießen und seine Arbeit fortsetzen kann. Darüber hinaus wünscht er sich »ruhige Zeiten für die Juden in Deutschland und Frieden für unseren Staat Israel«. Miryam Gümbel