Eine kleine jüdische Gemeinde, nur knapp 60 Mitglieder, liberal, im Schatten der or-
thodoxen Gemeinde Groß-Dortmund. Keine Synagoge, keine eigenen Räume, kein Rabbiner. Und trotzdem blickt man in Unna zufrieden zurück auf die inzwischen zwei jährige Geschichte. Oder gerade deshalb, weil man den harten Weg ein Stück weit hinter sich gebracht hat.
»Ich bin Optimistin«, sagt Alexandra Khariakova, Vorsitzende der Gemeinde. Wir haben viel geschafft, und wir werden uns weiter etablieren können.« Gut aufgestellt ist man in Unna tatsächlich. Feste Räume hat die Gemeinde zwar nicht, aber »viele Freunde. Und so finden wir immer einen Ort, an dem wir uns treffen können.« Bei Gottesdiensten hilft zum Beispiel der diakonische Kirchenkreis aus, oder man zieht in ein katholisches Gemeindehaus. Im Altersheim halten sie Gemeindetreffen ab und bieten Sprachkurse an. Für den Hebräisch-Unterricht sorgt die Ge-
meinde selbst. Seit einem Jahr hat sie auch einen Freundeskreis. Ein Landtagsabgeordneter ist Mitglied, auch der »normale Bürger«, wie Alexandra Khariakova erzählt.
Auch die Gespräche mit der Dortmunder Gemeinde geben Grund zur Hoffnung. »Die Dortmunder sind sehr nett. Aber auch sehr orthodox. Bei der Liturgie können sie uns nicht helfen. Aber sie kommen als Gäste zu uns«, sagt die Vorsitzende. »Mit der Verwaltung sprechen wir zum Beispiel über die Möglichkeit, einen Rabbiner zu finanzieren.« Das Angebot, den Dortmunder Rabbiner regelmäßig zu empfangen, musste die kleine Gemeinde ablehnen. »Das ist leider nicht möglich. Ich sage leider, weil ich Rabbiner Appel sehr schätze. Aber wir sind eben eine liberale Gemeinde.« Einmal im Monat kommt ein Kantor aus Bad Segeberg und bietet einen Religionsunterricht an. »Doch das ist weit entfernt von Unna«, räumt Alexandra Khariakova ein. Manchmal bereiten Gemeinde
mitglieder deshalb auch selbst den Unterricht vor, sprechen über jüdische Feiertage.
Als Ende Juli ein Rabbiner aus Israel in Unna Kabbalat Schabbat feierte, bekamen sie den bisherigen Mangel deutlich zu spüren. »Wir haben gemerkt, dass uns sonst etwas fehlt. Doch es fehlt noch viel mehr, eine Synagoge, ein Gemeindehaus und ein Friedhof. Ein eigener Raum wäre aber schon ein großer Fortschritt.
Auch nach außen ist die Gemeinde aktiv: »Von April bis Mai haben wir die Ausstellung ›Du gehst mich an‹ nach Unna geholt.« Der Zuspruch der Bevölkerung sei groß gewesen. Mitglieder der Gemeinde bringen katholischen Jugendlichen jüdisches Leben näher. Schulen laden die Gemeinde ein. Im Gegenzug empfängt man Gäste zum Gottesdienst, zuletzt die Frauengruppen der SPD oder einer katholischen Gemeinde. »Man weiß, dass es uns gibt.« Zlatan Alihodzic
Unna