Erinnerung
zum Anfassen
Eine Installation von Georg Soanca-Pollak zum 9. November
Wer zur Zeit das Foyer des Gemeindezentrums betritt, dem fällt ein langer Holztisch auf, auf dem fein säuberlich nebeneinander eine Vielzahl von grauen Mappen liegt. Einheitlich, alle in gleicher Größe, mit einem Passepartout-Auschnitt von fünf auf sechs Zentimeter. Hinter diesem liegen Porträtfotos von Menschen ganz unterschiedlichen Alters. Gemeinsam ist ihnen: sie haben die Schoa nicht überlebt.
»Bilder der Erinnerung« heißt die Installation von Georg Soanca-Pollak. Den Münchner Gemeindemitgliedern und vielen anderen Besuchern der Synagoge ist er seit deren Eröffnung bekannt. Er hat den Gang der Erinnerung gestaltet, der das Zentrum unterirdisch mit der Synagoge verbindet. Grundlage dafür ist das zweibändige Biographische Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945, das vom Stadtarchiv München herausgegeben worden ist. Mit seiner aktuellen Ausstellung will Soanca-Pollak anlässlich des 9. November das Schicksal der während der Naziherrschaft ermordeten jüdischen Münchner den Besuchern noch näher bringen, er will Unbegreifliches begreifbar machen und das ganz im Wortsinn. Die einzelnen Akten lassen sich nämlich in die Hand nehmen und aufklappen. Dann liest der Besucher die wenigen Daten, die von den Münchner Opfern der Schoa erhalten sind. Das jeweilige Schicksal kommt noch näher an den Betrachter heran, den Leser, auch wenn es unbegreifbar bleibt. Die Menschen auf den Fotos sind durch ihr Abbild lebendig, sie sprechen den Betrachter quasi an – eine Begegnung entsteht, die Erinnerung an die Verbrechen der Judenvernichtung wird durch Einzelschicksale ganz präsent.
Der Betrachter nimmt für einen Moment teil am Leben eines der ermordeten Menschen: Auf diese Weise ist Soanca-Pollak mit dokumentarischen Mitteln eine Brücke zu individuellem, emotionalen Empfinden gelungen. Die Ausstellung ist noch bis zum Sonntag, 18. November, im Foyer des Gemeindezentrums am Jakobsplatz zu sehen. gue