Holocaust-Denkmal

Erinnerung am Bildschirm

Er macht viele Pausen beim Sprechen. Immer wieder muss Norbert S. neu ansetzen. Der ältere Mann sitzt auf einem Stuhl, die Kamera ist auf ihn gerichtet. Seine Augen stehen nicht still. Auf dem kleinen Bildschirm zählt die Uhr derweil die Sekunden mit. Schon fast 20 Minuten hat er geredet, hat von seiner Kindheit und seiner Familie erzählt. Ein Klick genügt, und Norbert S. berichtet von seinen schrecklichen Erlebnissen im Konzentrationslager Auschwitz. Er sucht nach Wörtern. Auch hier Pausen. Auf dem Bildschirm ist seine Erzählung auch zu lesen, denn das Interview mit dem Schoa-Überlebenden wurde transkribiert. Jedes »öhm«, jedes »ähm«, jede Unterbrechung ist zu sehen, zu hören und zu lesen.
Das Interview mit Norbert S. ist eines von 82, das von der »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« ausgewählt wurde, um in das neue Videoarchiv aufgenommen zu werden. In der vergangenen Woche wurde das Archiv im unterirdisch gelegenen »Ort der Erinnerung« am sogenannten Holocaust-Mahnmal in Berlin eröffnet und steht seitdem auch für Projekttage von Schulklassen zur Verfügung. Die Resonanz nach einer Woche ist groß: »Wir haben nur noch vier Termine in diesem Jahr frei«, sagt Daniel Baranowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung. Zusammen mit dem Literaturwissenschaftler Geoffrey Hartman und der Historikerin Eva Brückner hat er das Projekt geleitet. Die Interviews, die seit 1979 vom Fortunoff Video Archive for Holocaust Testimonies an der amerikanischen Yale-Universität geführt wurden, sind in minutiöser Kleinarbeit digitalisiert und so aufbereitet worden, dass nicht nur alle Pausen, die der Interviewte macht, zu sehen sind, sondern auch alle Unterbrechungen, wie zum Beispiel der Wechsel des Videobandes. Der Benutzer hat die Möglichkeit, in einer Datenbank nach Namen, Stichwörtern, Orten und Sprachen zu suchen.
Am Anfang eines jeden Interviews ist auf dem Bildschirm ein allgemeiner Überblick zu sehen. Chronologisch aufgelistet, sind die Interviews in einzelne Kapitel unterteilt, wie zum Beispiel zu »Jugend und Schule« oder zu den Erfahrungen im Ghetto. Einige Interviews dauern über vier Stunden. Mithilfe der Schlagwörter kann man sich jedoch schnell in ihnen zurechtfinden. Für die Schulklassen, die immer montags zwischen 9 und 13 Uhr im Archiv forschen können, gibt es ein pädagogisches Programm, das im nächsten Jahr auch mit Partnerschulen angegangen werden soll. Klassen werden auf ihren Besuch im Archiv schrittweise im Unterricht vorbereitet und beschäftigen sich erst einmal ganz allgemein mit dem Thema »Erinne- rung«. Im Videoarchiv werden die Schüler später von einer Museumspädagogin betreut. Erinnerung ganz interaktiv.

Anmeldung für Schulklassen: Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Telefon: (030) 26 39 43 36; E-Mail: besucherservice@stiftung-denkmal.de

Israel

Razzia wegen Korruptionsverdacht bei Histadrut

Der Gewerkschaftsboss und weitere hochrangige Funktionäre wurden festgenommen

 03.11.2025

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025