Frau Steinfeldt, am 28. April wäre Oskar Schindler 100 Jahre alt geworden. Da hat die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sicherlich viel zu tun, um an den berühmten Judenretter zu erinnern, oder?
steinfeldt: Wir haben keine besondere Veranstaltung für diesen Tag geplant. Das hat mehrere Gründe: Zum einen wollten wir nicht nur Gedenkreden halten und einen Kranz niederlegen, sondern wir glauben an dynamisches Gedenken in Forschungs- und Erziehungsarbeit. Zum anderen ist es für uns wichtig, das Gedenken an alle 22.000 »Gerechten unter den Völkern« bei den Menschen zu bewahren. Uns ist der ukrainische Bauer, der Juden versteckt hat, genauso wichtig, wie der Diplomat oder eben Oskar Schindler.
Der Hollywood-Regisseur Steven Spielberg hat mit seinem Film »Schindlers Liste« die Lebensgeschichte des Unternehmers einem Millionenpublikum nahegebracht. Was fasziniert an Oskar Schindler?
steinfeldt: Oskar Schindler hat 1.200 Juden gerettet und war durchaus eine farbige Erscheinung, aber weiß Gott kein Engel. Er fing als Nazi an und ging als Spekulant nach Polen. In dem Moment, in dem man hätte denken können, er wird zum Täter, wurde er zum Retter. Das fasziniert die Menschen an der Person Oskar Schindler vielleicht am meisten. Als Retter war er vorbildlich, aber er hatte auch Schwächen. Und er hatte vor dem Krieg genauso wenig Erfolg wie nach 1945.
Täglich besuchen viele die »Allee der Gerechten«. Wie wird die Figur Schindlers wahrgenommen?
steinfeldt: Das ist ganz unterschiedlich. Für die meisten hat er große Bedeutung. Für die anderen zählen die Rettungstaten des Diplomaten Raoul Wallenberg viel mehr. Auch weitgehend unbekannt gebliebene »Gerechte« üben oft auf die Besucher eine große Faszination aus.
Gibt es etwas Charakteristisches, das die »Gerechten unter den Völkern« verbindet?
steinfeldt: Das ist schwer zu sagen. Da steht der einfache arme Bauer neben bekannten und damals womöglich einflussreichen Persönlichkeiten. Es gab ja so viele unterschiedliche Menschen, die geholfen haben.
Mit der Direktorin der Abteilung »Gerechte unter den Völkern« in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sprach Katrin Richter.