»Ein besonderer, seelenvoller, ein liebenswerter Mensch ist von uns gegangen.« Dies waren die Worte Hunderter von Gemeindemitgliedern, die um David Kahan sel. A. trauern. Von allen Grenzen, die dem Menschen gesetzt sind, ist der Tod die endgültige. Wenn unser Verstand auch in der Lage ist, vieles zu erfassen, diese Grenze vermag er nicht zu überschreiten. Wenn ich die Empfindungen wiedergeben soll, die uns hier erfüllen, dann ist dies die Trauer um David – oder wie er uns auch bekannt war Duvtsche Kahan.
Das ganze Ausmaß werden wir erst dann begreifen, wenn sich die Bestürzung über seinen plötzlichen Tod gelegt haben wird und uns bewusst wird, dass er nicht mehr in unserer Mitte ist. Unzählige Verdienste hat er sich in seinem Leben erworben. Wie reich hat er uns mit seinem liebevollen Wesen beschenkt. Als Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde, als Baudezernent, hat er die Geschicke der Gemeinde in all ihren Facetten vorbildhaft, überzeugend, verantwortungsvoll geleitet. Er war ein hervorragender Berater meines Vorgängers Hans Lamm sel. A. Nach dem Brandanschlag auf das Gemeindehaus in der Reichenbachstraße hat er den Wiederaufbau des Hauses mit einer Akribie und einem Engagement geleitet, die ihresgleichen sucht. Mit dem Haus blieb er verbunden und hat dies auch immer wieder durch seine Großzügigkeit bewiesen. Trotz dieser Hingabe hat er den Bau der Synagoge Jakobsplatz und des Gemeindezentrums mit Begeisterung und Tatkraft begleitet, weil die jüdische Gemeinschaft in München, so sagte er mir, einen Platz braucht, um den Stellenwert zu erhalten, den sie verdient.
Durch seine ruhige Wesensart wurde er von vielen, unter anderen auch von mir, um Rat gefragt. Er gewann das Vertrauen seiner Mitmenschen. Er war einer jener Menschen, die mit einer besonderen Begabung ausgezeichnet sind, nämlich jener, die Sympathie anderer zu finden und die Herzen anderer Menschen zu öffnen. Er verstand es, die Menschen direkt anzusprechen und den tiefsten Kern ihrer Seele zu berühren. Er konnte ausgleichen, Konflikte schlichten und er hat die Menschen miteinander ins Gespräch gebracht.
Ihm gelang, in seinem Gegenüber den Wunsch zu erwecken, einen Dialog miteinander zu führen. Er wusste, wie wichtig es ist, mit einer direkten Offenheit miteinander zu diskutieren. In einer Zeit, in der so viele Menschen sich nur selbst reden hören wollen, in der so viele Menschen gerade nicht mehr zuhören wollen, ist dies ein unschätzbarer Vorteil. Duvtsche Kahan wird seiner Familie und uns allen fehlen. Mit ihm ist ein unersetzbares Glied in der Kette unserer Gemeinschaft von uns gegangen. David Kahan entstammte einer angesehenen religiösen Familie. Der edle Lebensstil, der seine Erziehung prägte, spiegelte sich in seinem späteren Leben, in seiner Religiosität wider. Er teilte mit uns die Schicksalsgemeinschaft der Holocaustüberlebenden mit all der Grausamkeit der Konzentrationslager. Und er war einer der Säulen, die die jüdische Gemeinde wieder aufbauten. Er baute sich mit seiner Gattin eine Existenz auf, die es ihm ermöglichte, denen zu helfen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens standen und er tat es, ohne auf irgendeine persönliche Anerkennung zu achten. Es war ihm ein großer Wunsch, die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zum Wohle aller anzuwenden zum Nutzen derer, mit denen er sich verbunden fühlte und vor allem auch für den Staat Israel, auf dessen Boden er am Dienstag seine letzte Ruhestätte gefunden hat.
Wir verneigen uns tief vor einem beliebten und bewunderten Menschen, vor David Duvtsche Kahan, sichrono livracha. Möge ihm nach einem Leben voller Energie gemäß G‹ttes Geboten Frieden in der Ewigkeit vergönnt sein. Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in unseren Herzen. Möge die Seele von David Kahan eingebunden sein in das Bündel des ewigen Lebens. Charlotte Knobloch
David Kahan