von Anke Ziemer
»Das Festival wird zwölf und damit ›erwachsen‹«, schmunzelt Nicola Galliner. »In diesem Alter feiern jüdische Töchter ihre Batmizwa.« Dieses Fest, die Fußballweltmeisterschaft sowie der erste israelische Spielfilm mit orthodoxen Juden, der auf dem Festival gezeigt wird (Ushpizin, 2004), inspirierten die Initiatorin zum diesjährigen Titel »Töchter, Talmud, Tore!«.
Vom 18. bis 31. Mai präsentieren die Jüdische Volkshochschule und die Freunde der Kinemathek rund zwanzig Filme, in denen die meist jungen Regisseure freimütig Einblicke in das Leben der verschiedenen jüdischen Gemeinschaften gewähren. Diesjähriger Schwerpunkt ist mit fünf Festivalbeiträgen der jüdische Film Frankreichs. »Nicola Galliner hat das erfolgreichste Produkt der Berliner jüdischen Gemeinde geschaffen«, lobt Gemeindevorsitzender Gideon Joffe das überwiegend vom Hauptstadtkulturfonds geförderte Jewish Film Festival und ihre Organisatorin. »Sie präsentiert alljährlich den besten Bestandteil des Judentums: den Humor.« Daß Schmunzeln und Lachen verbinden kann, bestätigt Mehmet Kurtulus, der das Festival als Pate unterstützt. »Ich bin dabei, weil ein Teil von mir ›jüdisch‹ ist«, erklärt der deutsch-türkische Schauspieler, der durch seine Rollen in Filmen von Regisseur Fatih Akin bekannt geworden ist. »Denn den Humor teile ich.« Ferner möchte er mit seiner Teilnahme die türkische und die jüdische Gemeinschaft in Berlin miteinander ins Gespräch bringen. »Begegnungen dieser Art könnten ein Stück Normalität werden«, hofft der 24jährige.
Am Mittwoch, 17. Mai, findet im Berliner Ensemble ein Eröffnungskonzert statt, auf dem Kantorin Roslyn Barak und Kantor Jacob Mendelson ein Potpourri aus klassischen Stücken, modernen Liedern und jiddischen Weisen vortragen werden. Eröffnet wird das Festival im Arsenal mit dem Kinodebüt der Regisseurin Lorraine Lévy, The first time I was twenty. Der Film ist das Porträt der pummeligen Hannah Goldman, die sich sehnlich wünscht, in der nur mit Jungen besetzten Jazzband ihrer Schule zu spielen.
Zur »Batmizwa« des Jewish Film Festival paßt der Spielfilm Glow Ropes. Diese politisch extrem inkorrekte Komödie über die überdrehten amerikanischen Bar-/Batmizwa-Partys wurde beim New York International Latino Film Festival 2005 als bester Film ausgezeichnet.
Bereits vor Beginn der WM werden in der »Langen Nacht des israelischen Fußballs« auf der Leinwand die Spiele angepfiffen. In Personal Goals versucht ein unsportlicher Neunjähriger erfolglos, seinem fußballbegeisterten Vater zu gefallen. Die Komödie Provence United zeigt eine drittklassige Amateurgruppe bei ihren hektischen Vorbereitungen auf ein Match gegen die führende Elf des Landes; Underdogs: A war movie porträtiert den Fußballverein einer Kleinstadt, in dem Juden und Araber gemeinsam spielen. In Cup Final steht Boutiquenbesitzer Cohen vor der Wahl: Fußballweltmeisterschaft in Spanien oder Kriegsdienst in Libanon. Als er von Palästinensern verschleppt wird, trifft er unerwartet auf einen anderen eingefleischten Fußballfan. Zwei Filme thematisieren die feindselige Atmosphäre, in der Israelis und Palästinenser zusammenleben. In der Musical-Komödie West Bank Story können ein israelischer Soldat und eine palästinensische Serviererin den Krieg ihrer Falafelbuden-Clans glücklich überwinden. Die Dokumentation Diameter of the bomb endet weniger versöhnlich: Die Autoren gehen der Bombenexplosion nach, die im Juni 2002 in einem Jerusalemer Bus verübt wurde. Im Laufe des Films werden die Geschichten einer Gruppe von Juden und Arabern miteinander verbunden, die jeder eine besondere Beziehung zu den Opfern des Selbstmordattentats hatten. »Man könnte den Film als Fortsetzung von Paradise Now sehen«, meint Nicola Galliner, »weil er dort einsetzt, wo Paradise Now aufhört.«
Alle Informationen über das 12. Jewish Film Festival im Internet: www.jffb.de