Doron Kiesel kennt seine Prägungen. »Ich war ein Kind der ZJD, der Zionistischen Jugend Deutschlands«, sagt der Wissenschaftliche Direktor der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Deutschland. Auch Micha Brumlik war dort als Jugendlicher aktiv. Die in der Nachkriegszeit gegründete ZJD bezeichnet der Erziehungswissenschaftler als einen letzten Spross der deutsch-jüdischen Jugendbewegung.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen sich junge Menschen gegen die bürgerlich-autoritäre Enge der wilhelminischen Gesellschaft aufzulehnen. Sie wanderten, sangen Lieder, tanzten und feierten die Gemeinschaft. Vor allem in der Weimarer Republik waren auch jüdische Gruppen Teil der Jugendbewegung. Ihr Einfluss auf die emotionale und politische Bildung jüdischer Jugendlicher in Deutschland und Israel steht im Fokus einer Konferenz, die die Bildungsabteilung vom 5. bis 7. Juni in Frankfurt ausrichtet.
EPOCHE »Wir versuchen, die Komplexität einer Epoche zu beschreiben«, sagt Doron Kiesel. Nicht nur wissenschaftliche Vorträge sollen dazu beitragen. Auch subjektive, autobiografische Zugänge stehen auf dem Programm. So las die Berliner Schriftstellerin Ulrike Kolb am Mittwochabend aus Gesprächen mit Gründern des Kibbuz Hazorea vor. Der 1936 gegründete, im Norden Israels liegende Kibbuz geht auf Mitglieder der jüdischen Jugendorganisation »Werkleute« zurück.
Die Zionistische Jugend der Nachkriegszeit war der letzte Spross der jüdischen Jugendbewegung.
Der zweite Konferenztag begann mit einem persönlich gefärbten Vortrag von Micha Brumlik. Thomas Eppenstein las den Text vor, da Micha Brumlik aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Frankfurt kommen konnte. Brumlik blickt in seinem Vortrag auf die 50er- und 60er-Jahre zurück. Die in Westdeutschland gebliebenen Juden lebten, so Micha Brumlik, »unter einem bedrückenden Gefühl von Scham und Schuld«.
RETTUNG In dieser Atmosphäre wurde um 1960 die ZJD gegründet. Sie wollte jüdische Jugendliche zur Auswanderung nach Israel bewegen. Micha Brumlik beschreibt die ZJD als Rettung, die es ihm ermöglichte, die Zeitumstände zu bewältigen. Doron Kiesel spricht von einem »emotionalen Anker«.
Auf dem Programm stehen unter anderem auch Workshops zu diversen Ausprägungen der jüdischen Jugendbewegung, so etwa zum jüdischen Rettungswiderstand in der NS-Zeit oder auch zur Kinder- und Jugend-Aliyah. Am Freitag wendet sich die Konferenz der jüngsten Geschichte und der Gegenwart zu. Laura Cazes wird über die Rolle der ZWST-Jugendarbeit seit der Nachkriegszeit referieren. Unter dem Motto »Vom Lagerfeuer zur Jewrovision« findet anschließend ein Podiumsgespräch über aktuelle Anliegen jüdischer Jugendlicher statt.
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