In dieser Gesellschaft dürfte Isaac Herzog sich ziemlich unwohl gefühlt haben. Der Sozialdemokrat, der seit knapp vier Jahren als israelischer Staatspräsident amtiert, sollte eigentlich kommende Woche in seiner Residenz eine illustre Schar ausländischer Gäste begrüßen. Zumindest, wenn es nach dem Willen des Ministers für Diasporaangelegenheiten, Amichai Chikli, gegangen wäre.
Der rechtskonservative Likud-Politiker will nämlich eine Internationale Konferenz zum Kampf gegen Antisemitismus ausrichten und hat dafür ausgerechnet Repräsentanten von Parteien eingeladen, welche der Vergangenheit von offizieller Seite in Israel rechts liegen gelassen worden waren, weil sie sich nicht immer eindeutig von Antisemitismus distanziert hatten.
So setzte Chikli unter anderem Jordan Bardella, Vorsitzender des französischen Rassemblement National und der rechten Fraktion »Patrioten für Europa« im EU-Parlament, und Marion Maréchal, Enkelin des Gründers dieser Partei und ebenfalls Europaabgeordnete, auf die Rednerliste der Antisemitismuskonferenz. Sie soll am 26. und 27. März in Jerusalem stattfinden.
Chiklis Avancen an die extreme Rechte löste prompt eine Reihe von Absagen aus, und die Bildergalerie der Redner auf der Konferenz-Webseite lichtete sich immer mehr. Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis und zuletzt auch der Geschäftsführer der Anti-Deamation League Jonathan Greenblatt sagten aus Protest ihre Teilnahme ab. Auch Argentiniens Präsident Javier Milei, der bislang keine Berührungsängste mit rechten Parteien zeigte, wird nun nicht nach Israel kommen.
Separate Auftaktveranstaltung beim Präsidenten
Aus Deutschland sollten ursprünglich der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, und der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, zur Tagung anreisen. Doch auch sie haben abgewunken.
Das Event entwickelte sich so immer mehr zum PR-Desaster für die israelische Regierung. Jetzt versuchte zumindest Herzog, die Notbremse zu ziehen. Der Tageszeitung »Ha’aretz« zufolge will der Präsident keine Vertreter rechtsradikaler Parteien empfangen und daher auch nicht die offizielle Auftaktveranstaltung der Konferenz ausrichten.
Herzog sei zwar bereit, einige Teilnehmer der Konferenz in seinem Amtssitz zu empfangen. Allerdings sollen das dem Bericht zufolge nur »Vertreter der jüdischen Gemeinschaft weltweit« sein. Zudem solle die Veranstaltung nicht Teil der vom Ministerium für Diaspora-Angelegenheiten organisierten Tagung sein.
Nun gaben das Ministerium für Diaspora-Angelegenheiten und Herzogs Büro eine gemeinsame Erklärung heraus, in der es hieß: »Am Mittwoch, dem 26. März, werden sich im Rahmen der Internationalen Konferenz zur Bekämpfung des Antisemitismus unter der Leitung des Ministers für Diaspora-Angelegenheiten Chikli jüdische Führungspersönlichkeiten aus aller Welt mit Präsident Herzog treffen. An dem Treffen werden ausgewählte Führungspersönlichkeiten aus der jüdischen Welt teilnehmen, und es wird eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der internationalen jüdischen Gemeinschaft stattfinden.«
»Schreckliche Ungerechtigkeit«
Amichai Chikli verteidigte seine Entscheidung, auch rechtsradikale Politiker einzuladen. »Die wirkliche Bedrohung für das europäische Judentum ist der radikale Islam, nicht die Rechte«, sagte der Diaspora-Minister in einem Interview mit »Israel Hayom«.
Die Schuld an der ganzen Aufregung sieht Chikli bei der linken Zeitung »Ha’aretz«. Die habe eine Kampagne losgetreten und »die Menschen, die uns am meisten unterstützen, delegitimiert«. Das sei eine »schreckliche Ungerechtigkeit«, so der Minister.
Ganz anders sieht das der Vorsitzende des zuständigen Ausschusses der Knesset, Rabbiner Gilad Kariv. Der Abgeordnete der oppositionellen Sozialdemokraten kritisierte Chikli scharf und forderte ihn auf, die rechtsradikalen Politiker wieder auszuladen. Kariv hat für kommenden Sonntag eine Ausschusssitzung einberufen, bei der die Vorgänge rund um die Konferenz diskutiert werden sollen. Dazu soll auch Volker Beck angehört werden - per Videoschalte.
Ob angesichts der jüngsten Entwicklungen einige der ursprünglich eingeladenen Konferenzteilnehmer ihre Absagen widerrufen und doch noch nach Israel fliegen werden, ist dennoch unwahrscheinlich. Immerhin: ADL-Geschäftsführer Jonathan Greenblatt will nun per Videoschalte an Herzogs Empfang teilnehmen. Derweil dürften die Politiker vom rechten Rand tags darauf bei der von Amichai Chikli geleiteten Konferenz eher unter sich bleiben.