Seit 1957 – also seit nunmehr 52 Jahren – vergibt der Zentralrat der Juden in Deutschland den Leo-Baeck-Preis. Mit diesem Preis werden Persönlichkeiten geehrt, die sich »in herausragender Weise für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt haben«. Waren in den Anfangsjahren vor allem jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle unter den Laureaten – so etwa der Historiker Ernst Ludwig Ehrlich (nach dem ein eigener Preis benannt ist) oder der Religionsphilosoph Schalom Ben-Chorin –, wurden später vor allem jüdische und nichtjüdische Personen des öffentlichen Lebens ausgezeichnet, die sich in der einen oder anderen Weise um das jüdische Leben in Deutschland verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern der jüngeren Zeit gehören die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Roman Herzog, die Verleger Hubert Burda und Friede Springer, der Schriftsteller Ralph Giordano, die Schauspielerin Iris Berben sowie die Politiker Helmut Kohl, Johannes Rau und Joschka Fischer. Im Jahr 2007 wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet – unter anderem wegen ihres Engagements für Israel.
liebeserklärung Mit dem Preis ehrt der Zentralrat auch dessen Namensgeber – Rabbiner Leo Baeck, den bedeutenden Vertreter des deutschen liberalen Judentums. Am 23. Mai 1873 in der preußischen Provinz Posen geboren, die heute zu Polen gehört, studierte der Sohn eines Rabbiners zuerst am Rabbinerseminar in Breslau, später dann an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Gleichzeitig studierte er auch Geschichte und Philosophie an der Berliner Universität und promovierte bei Wilhelm Dilthey mit einer Arbeit über Spinoza.
überleben Als Präsident der Reichsvertretung der Deutschen Juden und Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums blieb Leo Baeck während der Nazizeit in Berlin. 1943 wurde er in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt, überlebte jedoch und emig- rierte nach dem Krieg nach London, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1956 wohnte.
Leo Baeck, der in den 20er-Jahren geradezu als Verkörperung der Vitalität des deutschen Judentums galt, konstatierte nun ernüchtert, dass die Epoche der Juden in Deutschland »ein für allemal vorbei« sei. Trotz dieses pessimistischen Fazits, das nur zu begründet schien, entschloss sich der Zentralrat der Juden in den 50er-Jahren, mit der Namensgebung bewusst an die Tradition des deutschen Judentums anzuknüpfen, für die Baeck exemplarisch stand. Schließlich hatte auch Baeck Deutschland seit 1948 immer wieder regelmäßig besucht, um Vorträge zu halten und Kontakte zu knüpfen. Mit dem Preis, der in seinem Todesjahr gestiftet wurde, hat der Zentralrat der Juden Leo Baeck ein würdiges Denkmal gesetzt. Ingo Way