von Kerstin Plowinski
Felix Carlebach freute sich, als er vor 16 Jahren eine Einladung nach Leipzig erhielt, um die Festrede anlässlich der Gründung der Ephraim-Carlebach-Stiftung zu halten. Sein Aufenthalt im November 1992 sollte der erste nach 53 Jahren sein. Mit jener Stadt verbanden ihn Erinnerungen an »die glücklichsten und zugleich traurigsten Stunden« seines Lebens. Erstaunen und Stolz erfüllten ihn, als er von den Aufgaben und Zielen der Stiftung erfuhr. So etwas habe er in Deutschland nicht erwartet. Es war ihm ein Bedürfnis, Mitglied im Kuratorium der Stiftung zu werden.
Felix Carlebach sel. A. wurde am 15. April 1911 in Lübeck geboren. Nach seiner Schulzeit studierte er an verschiedenen Lehrerseminaren und an der Musikhochschule Köln. 1934 folgte er dem Ruf seines Onkels, Rabbiner und Schuldirektor Ephraim Carlebach, an die Höhere Israelitische Schule nach Leipzig, wo er bis zu seiner Emigration 1939 Musik unterrichtete. Mit seiner Frau Babette hatte er drei Töchter. Bis zu seinem Tode besaß er die deutsche und die britische Staatsangehörigkeit. Felix F. Carlebach war einer der we- nigen noch lebenden Repräsentanten jener Generation deutscher Juden, die es verstand, den orthodoxen jüdischen Glauben in selbstverständlichem Einvernehmen mit der vollkommenen Assimilation in die bürgerliche Gesellschaft zu leben. So waren die Freitage seiner Leipziger Jahre geprägt vom Schabbatgottesdienst in der Ez-Chaim-Synagoge in Apels Garten und dem vorangehenden Besuch der Motette in der Thomaskirche.
Als Spross einer Rabbinerdynastie war er jedoch in Deutschland nie als Rabbiner tätig. Erst nach seiner Emigration vertrat er von 1939 bis 1946 einen für die Armee tätigen Kollegen an der Southgate United Synagogue und war zwischen 1947 und 1984 Rabbiner der South Manchester Synagogue. 1986 ernannte der Senat der Hansestadt Lübeck ihn zum Ehrenbürger. Alljährlich ehrte das Halle Orchestra Felix Carlebach mit einem Sonderkonzert.
Mit ihm ist eine große Persönlichkeit gegangen, der es gelang, mit großer Ausstrahlung und Herzenswärme jungen Menschen in den wohl dunkelsten Jahren deutscher Vergangenheit Momente von Licht und Zuversicht zu vermitteln. Fehlen wird vor allem sein besonderer Humor, den er sich bis ins hohe Alter hinein bewahrte.
Die Autorin ist Geschäftsführerin der
Ephraim-Carlebach-Stiftung.