»Eine Menge Schüsse und Explosionen«
Ankie Spitzer über
Steven Spielbergs Film »München«
Frau Spitzer, Sie haben den Film, der diese Woche in Israel und Deutschland anläuft, bereits gesehen. Wie war Ihr Eindruck?
spitzer: Spielberg wollte unbedingt wissen, was wir, die Angehörigen der Opfer, über den Film denken. Es hieß, sein größter Alptraum sei, daß sich unsere verstorbenen Männer angesichts der filmischen Darstellung im Grabe umdrehen würden. Ich habe mir den Film mit Ilana Romano, der Witwe von Joseph Romano, angeschaut. Uns war wichtig zu sehen, wie das Massaker, das an unseren Männern verübt wurde, im Film dargestellt wurde.
Und?
spitzer: Wir waren mehr oder weniger zufrieden. Die Geschehnisse in München werden in dem Film respektvoll wiedergegeben. Wir hatten auch nicht das Gefühl, daß der Film antiisraelische Tendenzen hat. Es ist ein Hollywood-Film mit einer Menge Schüsse und Explosionen. Ich persönlich würde eine Dokumentation bevorzugen, die eine bessere histo- rische Perspektive von dem zeigt, was wirklich passierte. Aber dieser Film ist ein Drama. In der vergangenen Woche war ich hier bei einer Sondervorstellung für Mossad-Leute. Die haben den Film verrissen. Sie sagten, die Realität war viel dramatischer, als es der Film zeigt.
Was kritisieren Sie?
spitzer: Mein größtes Problem ist, daß der Zuschauer, der nicht mit den wirklichen Geschehnissen vertraut ist, vom Film verwirrt werden könnte. Was in dem Streifen aus München gezeigt wird, basiert auf historischen Fakten. Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß im Film die Inkompetenz der deutschen Behörden beim gescheiterten Befreiungsversuch der Athleten deutlicher gemacht worden wäre. Was aber aus der Zeit nach München gezeigt wird, basiert auf einem Buch. Die Ereignisse haben zwar eine reale Basis, aber das ganze Buch ist eine Fiktion.
Zum Filmstart ist momentan viel von Rache die Rede.
spitzer: Es ging nicht um Rache. Wir haben niemanden gebeten, unsere Männer zu rächen. Ziel war es, diese Leute davon abzuhalten, weitere Terrorakte zu verüben.
Ist der Film wichtig?
spitzer: Für Spielberg ist »München« ein Film, für uns ist es die Tragödie unseres Lebens. Für uns ist wichtig, daß an das Massaker erinnert wird. Ich hoffe, daß Spielbergs Film dazu beiträgt, daß niemand jemals vergißt, was in München geschah, und daß so etwas nie wieder passieren darf.
Mit der Witwe des 1972 in München ermordeten israelischen Fechttrainers
André Spitzer sprach Detlef David Kauschke.