von Kristina Dunz
Sie verkünden es zu dritt. In marineblauen Anzügen leiten Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihr Außen- und ihr Verteidigungsminister in einer Mischung von Ernst, Ergriffenheit und Erleichterung einen Wendepunkt in der deutschen Politik ein. Erst- mals nach dem Holocaust werden deutsche Soldaten nahe des jüdischen Staates Israel patrouillieren. Ihr Auftrag: In der besonderen Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht Israels vor der libanesischen Küste den Friedensprozeß in der Region zu unterstützen. Die Kanzlerin ist nicht als Frau der großen Worte bekannt. An diesem 13. September spricht sie aber von einer »historischen Dimension«.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) versichert, daß der Bundeswehreinsatz für die Regierung »ganz ohne Zweifel eine schwierige Frage war«, um dann sofort ohne jeden Zweifel die »klare Antwort« des Kabinetts mitzuteilen. Er mahnt, das Argument der historischen Gründe für das besondere deutsch-israelische Verhältnis nicht dafür zu mißbrauchen, um »jede deutsche Mitverantwortung für die Umsetzung der UN-Resolution 1701 abzulehnen«.
Deutschland wird sich mit 2.400 Soldaten an der internationalen Friedenstruppe UNIFIL beteiligen und übernimmt den Marineverband, der vor allem Waffenlieferungen an die Hisbollah verhindern soll. Es ist
einer der bisher größten Einsätze der Bundeswehr. Diesmal wird sie mit einem sogenannten robusten Mandat ausgestattet. Für die Marine gibt es keine territorialen Beschränkungen. Sie darf bis zur Küste alle Schiffe abdrängen, stoppen und kontrollieren, die sie für verdächtig hält.
Kommende Woche soll der Bundestag über den Einsatz entscheiden. Eine Mehrheit erscheint durch die Stimmen der großen Koalition sicher. Doch es gibt zahlreiche kritische Einwände. Unter anderem wird der Regieung vorgehalten, sie habe diesen für Deutschland so heiklen Einsatz ohne Not angeboten. Alle Länder hätten Verständnis für ein Nein gehabt. Der Chef des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, schließt Kampfhandlungen mit Waffenschmugglern nicht aus. Die Linksfraktion sieht die Souveränität des Libanons ob der weitreichenden deutschen Befugnisse beschädigt. Einige Oppositionspolitiker fürchten, daß die deutschen Soldaten zwischen die Fronten geraten könnten.
Merkel nennt die Risiken »kalkulierbar«. Nüchtern weist sie auch Bedenken zurück, daß die in dem Mandat verankerte Ausbildung libanesischer Streitkräfte im »gesamten Gebiet des Libanon« eine Hintertür für den Einsatz bewaffneter Soldaten auch am Boden sei. Steinmeier, der sich in den vergangenen Monaten als Krisendiplomat erwiesen hat, beschwört im Namen der Bundesregierung den »Weitwinkel«. Dieser müsse für den Blick auf den seit Jahrzehnten währenden Konflikt im Nahen Osten gewählt werden. Dauerhafte Stabilität in der Region gebe es nur mit der Lösung der Israel-Palästina-Frage, sagt Steinmeier. Voraussetzung dafür sei aber als »erstes Mosaiksteinchen« der Frieden zwischen Israel und der radikal-islamische Hisbollah im Libanon. Der Waffenstillstand sei noch fragil. Gerade jetzt dürfe die internationale Staatengemeinschaft nicht versagen.
Auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland steht dem Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten positiv gegenüber. Charlotte Knobloch nannte ihn ein »neues Blatt im Buch der Geschichte«. Es sei ein sehr positives Gefühl, »daß deutsche Soldaten Israel schützen«.