von Patrick Gensing
Die Verbote gegen das »Collegium Humanum« (CH) und zwei weitere Vereine aus dem Netzwerk der Holocaust-Leugner hat wenig überrascht: Nachdem das CH wegen seiner Gemeinnützigkeit in den vergangenen Monaten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, stand das Bundesinnenministerium offenbar unter Druck und wollte nun ein Zeichen setzen. Gemeinsam mit dem CH wurden der »Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten« und die »Bauernhilfe e.V.« verboten. Beide waren eng mit dem CH verknüpft. Auf die »Bauernhilfe« mit Sitz in Söhrewald bei Kassel hatten Experten zuletzt immer wieder hingewiesen. Denn der unauffällige Verein stand lange Zeit kaum im Fokus der Behörden, diente dem CH aber offenbar als Auffangbecken für die Immobilie und das Vereinsvermögen.
Nach diesen Verboten richtet sich der Blick nun wieder auf die »Heimattreue Deutsche Jugend« (HDJ). Die neonazistische Jugendorganisation gilt bei vielen Experten als Nachfolgerin der verbotenen »Wiking Jugend«. Diese war im Jahr 1994 »wegen ihrer Wesensverwandtschaft mit der NSDAP und der Hitler-Jugend« aufgelöst worden. Damit wurde es auch untersagt, Ersatzorganisationen zu bilden.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) brachte die öffentliche Debatte jetzt erneut in Fahrt. Die bundesweit aktive HDJ, die auch eine regionale Gliederung in Berlin unterhalte, sei »rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich«. Die Entscheidung über ein Verbot liege jedoch beim Bundesinnenminister. Nach Darstellung Körtings hat die HDJ ihren Hauptsitz in Schleswig-Holstein. Wichtige Führungspersönlichkeiten wohnen nach seinen Angaben in Berlin und Umgebung.
Auch SPD-Innenexperte Niels Annen fordert ein HDJ-Verbot. Zu den Gründen, warum das Bundesinnenministerium noch nicht gegen die HDJ vorgegangen sei, sagte Annen: »Es gibt möglicherweise so etwas wie ein Trauma nach dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren.« Daher könne man nicht ausschließen, dass Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble »eine weitere Debatte vermeiden möchte«. Dies könne aber kein Grund sein, zu ignorieren, dass »von dieser Organisation eine wirkliche Gefährdung für unsere Demokratie ausgeht«. Bei der HDJ »werden Kinder mit den Grundgedanken des Nationalsozialismus erzogen«.
Die Rechtsextremismus-Expertin der Grünen im Bundestag, Monika Lazar, sagte ebenfalls: »Die HDJ muss weg. Sie ködert Kinder mit Wanderungen, Kanufahrten und Lagerfeuern. Sind sie erst einmal in die Gemeinschaft integriert, indoktriniert man sie mit aggressiver Nazi- ideologie.« Die Bundesregierung müsse prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Verbot nach dem Vereinsgesetz vorliegen. Auch Die Linke spricht sich für ein Verbot der HDJ aus.
Der Frankfurter Rechtswissenschaftler Günther Frankenberg hält die HDJ für »besonders gefährlich, weil sie zugreift auf die Seele von Kindern und Jugendlichen«. Kinder würden »in Lagern paramilitärisch ausgebildet und zu aggressiven Kämpfern« gemacht. Die Neonazis seien sich »ihrer Sache so sicher«, weil nichts geschehe, sagte Frankenberg. So werde ein Uniform-Verbot von der Organisation einfach ignoriert.
Für die »Heimattreue Deutsche Jugend –Bund zum Schutz für Heimat, Umwelt und Mitwelt e.V.« bestehe ein gesetzlich verankertes Uniformverbot »nach wie vor fort«, wie die Bundesregierung jüngst in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke schrieb. Die HDJ habe eine Ausnahmegenehmigung von diesem Verbot beantragt, die durch das Bundesministerium des Inneren jedoch nicht erteilt wurde. Für die Durchsetzung des Uniformverbotes, so die Regierung, seien die jeweiligen Landesbehörden zuständig. Hier scheint es aber zu hapern. Journalisten berichteten mehrmals, dass die HDJ ihre Uniformen weiter bei ihren konspirativ organisierten Veranstaltungen trägt und in einem Werbefilm im Internet präsentiert.
Bei der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt Braunschweig (ARUG) kann eine Broschüre über die gefährlichen Methoden der neonazistischen »Heimattreuen Deutschen Jugend« bestellt werden.
www.arug.de