Herr Alter, fast hätte es das Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrats 2009 nicht mehr gegeben. Ein Verlust?
alter: Es wäre ein schwerer Fehler gewesen. Die Erfahrungen der vergangenen 12 Jahre haben gezeigt, dass es innergemeindliche und innerverbandliche Auseinandersetzungen gibt, die nur juristisch zu lösen sind. Sie sind aber ungeeignet für die Austragung vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit, weil sie mitunter Gegenstände betreffen, die innerjüdisch auszutragen sind und weil die Auseinandersetzungen gelegentlich mit Mitteln ge- führt wurden, die geeignet sind, dem Ansehen der jüdischen Gemeinschaft zu schaden.
Welche Gefahr droht, wenn jüdische Streitigkeiten nach außen getragen würden?
alter: Es gibt Auseinandersetzungen vor dem Schiedsgericht, bei denen rechtsgerichtete Elemente versuchen könnten, daraus propagandistischen Nutzen zu ziehen.
In den vergangenen Jahren haben Parteien häufig Urteile des Schiedsgerichtes nicht akzeptiert. Eine Satzungsänderung sollte Abhilfe schaffen. Wie wird an ihr gearbeitet?
alter: Das Thema steht seit Jahren auf der Agenda der Ratsversammlung. Der im vergan- genen Jahr vom Direktorium vorgelegte Entwurf zur Neuformulierung des Paragrafen 15 der Satzung hätte ein Ende innerjüdischer Ge- richtsbarkeit bedeutet, die Versammlung lehnte ihn ab. Daraufhin erarbeitete eine Kommis- sion einen neuen Entwurf. Wegen eines Formfehlers bei der Einladung zur Ratstagung konnte man auch über ihn nicht entscheiden. Ich bedaure das sehr. Die Tatsache, dass man drei Jahre braucht, um einen entschlussfähigen Entwurf vorzulegen, ist frustrierend.
Was ist in diesem einen Jahr des Übergangs zu machen?
alter: Am wichtigsten ist, die Satzungsänderung ernsthaft anzugehen und nicht als letzten Tagesordnungspunkt bei einer Direktori- umssitzung zu verhandeln, wenn alle müde sind. Den Leuten muss die Bedeutung des Problems klargemacht werden. Die bisherigen Entwürfe wurden etwas nonchalant behandelt.
Was kann man unternehmen, um Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden?
alter: Viele Streitparteien waren bereit, Vergleiche zu schließen. Zu allererst ist es eine Frage der Ethik der am Streit beteiligten Personen. Wenn jemand Prozesse führt, um sein Ego zu befriedigen, ist das einfach schlecht.
Mit dem scheidenden Vorsitzenden des Schiedsgerichts sprach Heide Sobotka.