von Brigitte Jähnigen
Die Streitigkeiten um den Landesrabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) scheinen ein Ende zu finden. Über die Einstellung eines Nachfolgers wird die Gemeinde jedoch erst nach den Wahlen für die Repräsentanz am 22. Oktober und einer möglichen Satzungsänderung entscheiden. Kommissarischer Rabbiner ist bis dahin Shneor Trebnik aus Ulm.
»Vor Ende des Kalenderjahres wird es sicher keine Neueinstellung geben«, sagt Barbara Traub, Sprecherin der Repräsentanz der IRGW. Um die Einheitsgemeinde aufrechterhalten zu können, müsse es ein Bewerber mit orthodoxer Glaubensausrichtung sein. Traub geht davon aus, daß ein passender Bewerber, etwa ein jüngerer Rabbiner aus Israel, derzeit wesentlich leichter zu bekommen sei als früher. Tatsächlich lägen auch schon mehr als zehn Bewerbungen vor. Vor der Entscheidung wolle man diesmal bei der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) nachfragen, um sicherzugehen, daß der Bewerber sich mit deren Leitzielen identifiziert.
Mit dem bisherigen Landesrabbiner Netanel Wurmser, dessen Arbeitsverhältnis mit der IRGW am 6. August dieses Jahres endete, waren Repräsentanz und Gemeinde seiner »sehr strengen Glaubens- ausrichtung wegen« in Konflikte geraten.
Barbara Traub will Kontinuität schaffen und die Einheitsgemeinde festigen und tritt am 22. Oktober erneut als Kandidatin an. Inzwischen zählt die IRGW in der Stuttgarter Gemeinde sowie in ihren fünf Zweigstellen 3.130 Mitglieder. Zu ihnen gehören Ulm, Hechingen, Heidenheim, Heilbronn und Reutlingen. In Weingarten sollen demnächst Räume angemietet werden.
»Den Wahlen zur Repräsentanz wird die Wahl einer Satzungsänderungskommission folgen«, gab Traub bei ihrem Rechenschaftsbericht am 19. September vor der Presse bekannt. So soll überlegt werden, ob durch Budget-Umschichtungen die Stelle des Landesrabbiners in ihrer bisherigen Form überhaupt erhalten bleiben müsse oder ob sie – um den Haushalt weiterhin stabil zu halten – in zwei Stellen gesplittet werden könne. Dies würde auch die Infrastruktur der Zweigstellen stärken. Diese könnten in selbständige Gemeinden umgewandelt werden, wenn pro Ort etwa 300 bis 400 Mitglieder zusammenkommen. »Der Städtetag Baden-Württemberg hatte – anders als in anderen Bundesländern – zu Beginn der 90er Jahre entschieden, Zuwanderer auf ganz Württemberg zu verteilen«, erklärt Traub die besondere und schwierige Situation der IRGW.
»Ich habe mir das Amt als Vorstandssprecherin der IRGW nicht leicht vorgestellt«, zieht Barbara Traub nach drei Jahren Amtszeit Bilanz. Politische Arbeit sei eben mit Kämpfen verbunden. Verschiedene Meinungen harmonisch zusammenzubringen, sei aber immer noch ihr Ziel. »Ich bin vor allem damit sehr zufrieden, daß in Stuttgart und in ganz Württemberg jüdisches Leben mehr in die Öffentlichkeit getragen werden konnte«, sagt Traub.