„Die Linke“

»Ein Verbot durch die Hintertür«

von Philipp Gessler

Der Todesurteil liest sich knapp und nüchtern. Mitte Juni beschloss der »BundessprecherInnenrat« der Linksjugend, der Jugendorganisation der Linkspartei: »Die Öf- fentlichkeitsarbeit als Bundesarbeitskreis der Linksjugend (solid) ist einzustellen.« Gemeint war der Bundesarbeitskreis (BAK) Shalom der Linksjugend. Die israelfreundliche Truppe wurde kaltgestellt – mit formalen Mitteln: »Die Verwendung der Haushaltsmittel des Jugendverbandes für Öffentlichkeitsarbeit des BAK Shalom, die ohne Zustimmung des BundessprecherInnenrates in Anspruch genommen wurden«, so der Beschluss, »erfolgte satzungswidrig«. BAK Shalom müsse das ausge- gebene Geld zurücküberweisen.
Dieses Gerangel um Geld im Jugendverband der Linken steht für die Zerrissenheit der Linkspartei insgesamt. Ausgangspunkt war eine programmatische Rede von Fraktionschef Gregor Gysi Mitte April. Der Kernsatz: »Der Antizionismus kann für die Linke insgesamt, für die Partei Die Linke im Besonderen, keine vertretbare Position sein.«
Die Linkspartei streitet sich seitdem vehement über ihr Verhältnis zu Israel und zum Zionismus – und in der Linksjugend prallen die Positionen dabei so offen aufeinander wie nirgendwo sonst in einer Partei, die derzeit offenbar unaufhaltsam von Erfolg zu Erfolg schreitet.
BAK Shalom trübt diese Erfolgsgeschichte. Der rund 60-köpfige Arbeitskreis ist ein innerparteilicher Unruheherd, auf dem die liebsten Lebenslügen der Linken zerkocht werden. Immer wieder fordert BAK Shalom, nach eigenen Angaben der größte Arbeitskreis der Linksjugend, mehr Solidarität mit Israel und thematisiert die oft völlig unkritische Solidarität ost- und westdeutscher Linker mit palästinensischen Organisationen – und begrüßte Gysis Rede, die ausdrücklich eine Diskussion innerhalb der Linken anregen wollte.
Ende April verbreiteten die Jungpolitiker von BAK Shalom eine Pressemitteilung mit der Überschrift »Antizionismus in der LINKEN – Norman Paech als Außenpolitischer Sprecher untragbar!« Darin forderten sie, der Linke-Bundestagsabgeordnete Norman Paech solle seinen Posten als Außenpolitik-Experte der Linken aufgeben. Denn in einem Vortrag Paechs Ende April finde sich »ungehemmte Verbrüderung mit der terroristischen Hamas und antizionistische Ressentiments«.
Das war für manche zu viel: Max Steininger, einer der Bundessprecher der Linksjugend, der infolge der Gründung von BAK Shalom schon einmal die Gegengründung eines BAKs Freies Palästina erwogen hatte, schäumte Mitte Mai: »Die Forderung, Norman Paech solle als außenpolitischer Sprecher zurücktreten, ist Blödsinn. Sie wird auch nur von einigen wenigen Randfiguren im Verband verbreitet.« Einen Monat später erfolgte der Geldentzug für BAK Shalom.
Gegen diesen Beschluss hat BAK Shalom nun Widerspruch bei der Bundesschiedskommission der Linksjugend eingereicht – wann ein Urteil ergeht, ist noch völlig unklar. »Eigentlich«, sagt der Bundessprecher von BAK Shalom, Benjamin Krüger, »geht es um Peanuts«. Der zwischen Bundesspitze und BAK umstrittene Betrag beläuft sich gerade mal auf 300 bis 400 Euro. Auf dem eingefrorenen Konto von BAK Shalom stehen ihm pro Jahr nie mehr als 1.200 Euro zur Verfügung. Dahinter aber stehe die Strategie, den BAK Shalom mundtot zu machen, meint der 25-Jährige. »Es ist ein Verbot durch die Hinter- tür.«
Steininger widerspricht dem: »Es ist nicht unser Ziel, den BAK Shalom aufzulösen oder dessen Arbeit zu verbieten«, betont er. »Die Leute von BAK Shalom werden nicht ausgeschlossen.« Deren Budget in Höhe von 1.200 Euro sei eben seit März ausgeschöpft. Und außerdem: »Jeder kann als Mitglied der Linksjugend sagen, was er will, das ist keine Frage.«

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Weimar

Historiker Wagner sieht schwindendes Bewusstsein für NS-Verbrechen

Wagner betonte, wie wichtig es sei, sich im Alltag »gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Muslimfeindlichkeit und gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« zu engagieren

 07.04.2025