Heiligtum

Ein Tempel in unserem Herzen

von Rabbiner Baruch Rabinowitz

»Ihr sollt mir ein Heiligtum bauen«, befiehlt Gott dem Volk Israel im Wochenabschnitt Teruma (2. Buch Moses 25,8). Mitten in der Wüste sollten die Israeliten einen beweglichen Tempel errichten, der sie auf dem ganzen Weg ins Gelobte Land begleiten wird. Um den Bau zu ermöglichen, muß das Volk Israel freiwillig spenden.
Die Israeliten waren damals erst am Anfang ihrer Reise. Sie hatten aber schon viel hinter sich: Sie wurden aus der ägyptischen Sklaverei befreit, sie haben Gottes Offenbarung am Berg Sinai empfangen. Wahrscheinlich wollten sie so schnell wie möglich in das Land gelangen, wo Milch und Honig fließen, und dort ein neues Leben anfangen. Vielleicht wäre es einfacher gewesen, sich schnell auf die Reise zu machen, statt bereits in der Wüste eine komplizierte Konstruktion zu bauen. Unzählige Hindernisse standen im Wege. Aber ohne Stiftzelt hätten unsere Vorväter ihr Ziel vermutlich nie erreicht.
Heute sind wir eingeladen, unser eigenes Heiligtum zu bauen. Und je ungünstiger uns dafür die Lebensumstände erschei- nen, desto mehr brauchen wir es.
Um einen geistigen Mischkan, ein Stiftzelt, zu bauen, brauchen wir spirituelle Bausteine. Auch damals wurde niemand gezwungen, etwas zu spenden. Eher war jeder bereit, das zu geben, was er hatte. Wir müssen persönliche Ressourcen nutzen, um für uns das Heiligtum errichten zu können. In der Tora steht geschrieben: »Rede zu den Kindern Israel, daß sie mir Hebe bringen, von jeglichem, den sein Herz dazu treibt ... Gold und Silber und Kupfer« (2. Buch Moses 25,2). Kabbalisten lehren, daß Gold den Verstand symbolisiert, Silber für das Herz und Kupfer für den Körper steht. Sie sind die wichtigsten Steine beim Bau unseres Mischkans. Wir müssen lernen, in unserem Bewußtsein, Gefühl und physischen Bereich einen Raum für Gott zu schaffen. Einen Teil unserer Zeit dem Torastudium zu widmen, wäre, als ob wir Gold für den Bau gespendet hätten. Unsere Gefühle kontrollieren zu lernen und sie konstruktiv umzusetzen, wäre Silber. Unsere physischen Fähigkeiten für gute Zwecke zu verwenden, wäre Kupfer.
Das Stiftzelt damals in der Wüste sollte nicht statisch sein, sondern leicht beweglich, damit die Israeliten es leicht transportieren konnten. Genauso beweglich muß auch unser Heiligtum sein, so daß wir es überallhin mitnehmen können, egal welche Richtung unser Leben einschlägt. Die Werte und den Glauben immer fest bei sich zu haben und trotzdem flexibel, anderen gegenüber tolerant und offen zu sein, ist eine Kunst, die das Stiftzelt uns beibringen kann. Im Mischkan offenbarte Gott den Israeliten, wohin sie als nächstes gehen sollen. Wenn wir uns verloren fühlen und nach dem Weg suchen, bekommen auch wir in unserem Heiligtum die Klarheit, in welche Richtung unsere Lebenswanderung weiter verlaufen soll. Nun brauchen wir manchmal den Mut und das Vertrauen, unseren Schritt auf für uns bis jetzt unbekannte Wege zu setzen. Im Leben die Flexibilität nicht zu verlieren, sondern immer offen für neue Einsichten zu bleiben, ist die Lehre des Mischkan. Das Leben ist eine ununterbrochene geistige Reise. Wir entwickeln und verändern uns. Wir wechseln Orte, Ziele und Prioritäten. Wir sammeln die notwendige Erfahrung, um uns selbst, den Menschen und die Welt neu zu entdecken und zu verstehen. Das Heiligtum wird uns helfen, uns treu zu bleiben und den richtigen Weg nicht aus den Augen zu verlieren.
Der moderne Mensch heute hat immer weniger Privatsphäre. Deswegen wird seine Sehnsucht nach Stille immer größer. Das Heiligtum ist ein Raum in der Mitte von Chaos und Hektik, allein Gott gewidmet. Hier können wir ihm ganz persönlich begegnen. Es ist sein Botschaftsgebäude in unserer Seele, mit einer Quelle von Frieden, Inspiration und Versöhnung. Dort können wir neue Kraft bekommen, dort werden unsere erschöpften Seelen ihre Ruhe finden. Wir müssen eine Zeit bestimmen, um uns den geistigen Übungen zu widmen. Anfangen könnte man damit, jeden Tag eine halbe Stunde die Tora zu studieren und zu beten. Dies kann eine erstaunliche Wirkung auf unser Leben haben. In dieser Zeit sind wir in unserem Heiligtum geborgen, um unser Gleichgewicht zu finden und den Streß zu verarbeiten.
Obwohl beweglich, sollte der Mischkan trotzdem nach ganz genauen Vorschriften gebaut werden. So wie in der Wissenschaft hat das geistige Leben seine Regeln und Gesetze. Diese muß man halten, um Erfolg in der Spiritualität zu haben. Die Gesetze des spirituellen Lebens und die geistigen Übungen wurden uns in der Tora offenbart. Das Heiligtum in uns zu errichten, heißt, in unserem Leben, in unseren Familien und in unserem Zuhause ei- nen Raum für Gott zu schaffen, der Ihm gehört.
Die Israeliten mußten in der Wüste den Mischkan bauen. Das hebräische Wort für »Wüste« ist »Midbar«. Mit anderen Vokalen kann es als »medaber«, »sprechen«, gelesen werden. Gott hat viele seiner wichtigen Offenbarungen in der Wüste gegeben, an einem Ort, der ungestört ist vom Lärm und der Hektik des Alltags. Wir müssen tief in unseren Seelen einen Ort schaffen, wo wir in Ruhe einen Weg zu uns selbst und zu unserem Schöpfer finden können, um seine Stimme zu hören. Ein Heiligtum, in dem wir ihm ganz persönlich begegnen können. Und egal wo wir sind oder wohin wir gehen, werden wir von Gott begleitet und geführt. So wie die Tora verspricht: Ihr errichtet für mich ein Heiligtum, und ich werde in euch leben.

Teruma: 2. Buch Moses 25,1 - 27,19

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