von Myriam Gümbel
Die perfekte Technik der Geigerin Tanja Becker-Bender faszinierte von den ersten Takten an. Dabei war das Konzert für Violine und Blasorchester von Kurt Weill alles andere als einfache Kost – weder für die Musiker, noch für das Publikum im Hubert-Burda-Saal des Jüdischen Zentrums am Jakobsplatz. Doch das erwarten die Besucher der Aufführungen des Orchesters schon lange nicht mehr, im Gegenteil. »Spannende Konzerte« hat ihnen der Organisator und Dirigent des Orchesters, Daniel Grossmann, einmal versprochen. Und er hält Wort. Das wurde auch kürzlich mit dem Programm des genannten Konzerts von Kurt Weill deutlich. Und die international gefeierte Virtuosin Tanja Becker-Bender, seit zwei Jahren Professorin für Violine in Saarbrücken, zeigte ihr Können nicht nur in den technisch schwierigen Passagen; sie lebte die Musik auch inhaltlich mit und nahm dabei dem Publikum mitunter fast den Atem. Dass dieses selten gespielte Stück auf dem Programm stand, entspricht den Zielsetzungen des Orchesters: Im Mittelpunkt der aktuellen Spielzeit steht nach den Worten Grossmanns die jüdische Musik im 20. Jahrhundert: »Viele Komponisten, die der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt waren, wurden zunächst vergessen, und ihre Werke mussten lange Zeit auf eine Wiederentdeckung warten.« Sie der Vergangenheit zu entreißen, ist ein wichtiges Ziel des Orchesters Jakobsplatz.
Kurt Weill ist vor allem bekannt als Komponist von Bert Brechts »Dreigroschenoper«. Weit weniger bekannt ist, dass diese bereits 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde. Erst 1945 wurde die Oper am 15. August in Berlin wieder aufgeführt. Auch Notenpapiere des 1900 in Dessau als Sohn eines jüdischen Kantors geborenen Komponisten fielen 1933 der Bücherverbrennung zum Opfer. Weill selbst emigrierte zunächst nach Paris, wanderte dann über London in die USA aus. Das 1924 entstandene Konzert für Violine und Balsorchester vereint die Musikströmungen der Zeit mit Anklängen an Jazz ebenso wie mit ausdrucksstark umgesetzten Elementen der traditionellen europäischen Musik. Für die Zuhörer war es Herausforderung und Erlebnis in einem. Eigentlich genug für einen Konzertabend.
Ein solcher freilich bedarf in gewohnter Weise eines bestimmten Zeitumfangs. So ließ das Orchester Jakobsplatz seine Besucher nach der Pause mit Antonin Dvoraks Bläserserenade und den vertrauten Klängen der Dreigroschenoper den Abend weiter genießen. Letzteres Stück bot in der Fassung für Piano und Blasorchester noch einmal eine musikalische Besonderheit: Kurt Weill hatte über diese Version selbst einmal gesagt, sie sei das, was alle Dirigenten gerne spielen: ein schmissiges Schlussstück.
Die nächste Aufführung des Orchesters Jakobsplatz ist am 6. Oktober im Hubert-Burda-Saal geplant. Dann steht Gustav Mahlers »Lied von der Erde« auf dem Programm. Außerdem spielt das Orchester beim Kinderkonzert am 12. Oktober im Gemeindezentrum.