von Sophie Neuberg
Seine Spieler heißen Kamel Larbi, Drissa Diakite, Bakari Koné oder Anthar Yahia. Er heißt Maurice Cohen, ist Präsident des Fußballclubs »Olympique Gymnaste Club Nice« (OGCN) und aktiv in der jüdischen Gemeinde der südfranzösischen Stadt an der Côte d’Azur. Eine explosive Mischung? »Nein«, sagt Cohen, »es gibt weder mit den Spielern noch mit dem Publikum Probleme.«
Cohen wurde 1955 in Marokko geboren. Als Dreieinhalbjähriger zog er mit seinen Eltern nach Frankreich – und begeisterte sich schon als Kind für Fußball. Jahrelang spielte er in der Nizzaer Amateurmannschaft Cavigal, wurde dann ihr Präsident. Doch 2002 klopfte der krisengeschüttelte und immer wieder abstiegsgefährdete Profiverein OGC bei ihm an. Er stellte sich der Herausforderung – nach wie vor ehrenamtlich und neben seiner Arbeit als Event-Manager, allein aus Liebe zum Fußball. Daß der damalige Trainer, Gernot Rohr, aus Deutschland stammte, war für Maurice Cohen kein Problem. »Es gibt überall gute und böse Menschen, das hat mit der Staatsangehörigkeit nichts zu tun.« Die Trennung von Rohr 2005 habe rein sportliche Gründe gehabt und sei freundschaftlich verlaufen.
Für seine »jungen Adler«, so der Spitzname der Spieler, und seine Fans ist Cohen immer bereit, in die Bresche zu springen. Kürzlich sprach Innenminister Nico- las Sarkozy darüber, mit Hilfe eines Antiterrorgesetzes gewaltbereite Fanclubs aufzulösen. Im Gespräch waren berüchtigte Gruppen aus Paris und Marseille, aber auch aus Nizza. Daraufhin schrieb Cohen dem Innenminister einen Brief, um ihn vor Pauschalverurteilungen zu warnen und nahm die OGCN-Fans in Schutz. »Natürlich gibt es überall Idioten und auch mal rassistische und antisemitische Beschimpfungen, das darf man aber nicht verallgemeinern,« betont er.
Wichtig sei es für ihn, solche Vorfälle niemals unter den Teppich zu kehren, sondern immer anzuprangern und zu bekämpfen: »Unsere Vorfahren wurden von den Nazis vernichtet. Wir müssen immer unseren Mund aufmachen, wenn etwas passiert«, sagt er. Im vergangenen Jahr wurde er vom Bruder eines Spielers mit antisemitischen Beschimpfungen und Morddrohungen traktiert. Er zog deswegen vor Gericht, der Übeltäter wurde verurteilt. »Im übrigen gab mir der Verein absolute Rückendeckung, es gab echte Solidarität«, berichtet er.
In diesem Jahr gaben die »jungen Adler« ihrem Präsidenten Grund zur Freude: Die Saison beendete die Mannschaft auf Platz 8 der französischen ersten Liga, vor dem Renommierclub »Paris Saint-Germain«. Zudem erreichte Cohens Verein das Pokalfinale – verlor es allerdings gegen Lille. In der nächsten Saison möchte man sich möglichst noch verbessern – UEFA-Cup-Träume nicht ausgeschlossen. Der OGCN läßt gerade ein großes Stadion bauen, das Ende 2007 fertiggestellt sein soll.
Größenwahn jedoch ist den Nizzaern und ihrem Präsidenten fremd. In der französischen Liga gilt Maurice Cohen als seriöser Geschäftsmann, der seinen Club solide führt. So wurde das OGCN-Budget, eins der kleinsten der Liga, von 20 Millionen Euro für die Saison 2004/2005 auf 25 Millionen für 2005/2006 aufgestockt. »Paris Saint-Germain« beispielsweise verfügt über etwa dreimal soviel Geld. Logisch, daß sich der OGCN nicht die größten Stars der Fußballwelt leisten kann. Immerhin hat die Elfenbeinküste den in Nizza unter Vertrag stehenden Mittelfeldspieler Bakari Koné für die Weltmeisterschaft nominiert – der gegen Holland beim 1:2 sogar das Tor erzielte. »Das ist für einen kleinen Club wie Nizza eine große Freude«, sagt der Präsident bescheiden.
Für die WM hat Maurice Cohen allerdings weder auf Frankreich, noch auf die Elfenbeinküste getippt: »Frankreich wird meiner Meinung nach im Halbfinale ausscheiden. Im Finale wird Brasilien gegen Deutschland Weltmeister.«